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Tausche Festgeld gegen Fonds

Tipps für den Einstieg in das Management des Stiftungsvermögens

Text: Gregor Jungheim, 9min10, Bilder: fondsfibel.de

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Bei immer mehr Stiftungen wächst der Wunsch, das Grundstockvermögen in ein diversifiziertes Portfolio zu überführen. Die Stiftungsrechtsreform öffnet die Tore, das Diversifikationsgebot war eh immer schon da. Tatsächlich stehen hierfür auch bei kleineren Summen zahlreiche Möglichkeiten offen. Es erfordert lediglich die Bereitschaft, einen Weg zu gehen, der anfangs mühevoll erscheint und auch etwas Überzeugungsarbeit benötigt.

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Tausche Festgeld gegen Fonds – Tipps für den Einstieg in das Management des Stiftungsvermögens

Zähneknirschend schreibt Stiftungsvorstand Viktor erneut einen Satz in den Jahresbericht, von dem er einst glaubte, ihn nie verwenden zu müssen: „Mangels ausschüttungsfähiger Erträge aus der Vermögensanlage konnten in diesem Jahr keine Fördermittel vergeben werden.“ Schon zum zweiten Mal hat der Stiftungsfonds der Hausbank das Jahr mit einem Verlust abgeschlossen. Für Viktor ist klar: Die Stiftung kann nicht länger alles auf eine Karte setzen und der Hausbank weiter blind vertrauen. Auch wenn die Organisation nur über ein moderates Vermögen verfügt, ist eine diversifizierte Vermögensanlage nötig.

Den Entschluss bespricht er sogleich mit Sarah, der Stiftungsmanagerin einer Partnerorganisation, und erfährt Erstaunliches: Dort ist der Unmut groß, dass die neuen Zinssätze der Festgelder, in die ein Großteil des Kapitals investiert ist, schon wieder um einige Zehntelprozent geschrumpft sind. Auch diese Stiftung ist daher entschlossen, auf andere Anlagemöglichkeiten umzusatteln und das Vermögen breiter zu streuen.

Situationen wie diese sind häufig der Ausgangspukt für die Entscheidung, mit einer strukturierten Vermögensanlage zu beginnen. Damit es nicht nur bei einem Entschluss bleibt, sondern dieses Vorhaben auch seine Umsetzung findet, hilft es, die folgenden Punkte zu beachten.

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Lieber ein klares Nein als ein wankelmütiges Ja

Es gibt auch gute Gründe, die gegen den Einstieg in eine diversifizierte Vermögensanlage sprechen: ein aktuell schwieriges Marktumfeld, eine zu erwartende Mehrrendite, die das Risiko nicht rechtfertigt, fehlende Kapitalmarktkenntnisse oder zu wenig Zeit, um die Vermögensanlage zu überwachen. Ist aber nach einer gründlichen Abwägung des Für und Wider die Entscheidung gefallen, am Kapitalmarkt zu agieren, sollten auch alle daran festhalten. Ein Organmitglied ist nicht handlungsfähig, wenn der Auftrag zur Neustrukturierung des Stiftungskapitals ständig in Frage gestellt wird. Auch ist viel Arbeitszeit unnötig aufgewendet, wenn der Vorstand nach mehreren Gesprächen mit Vermögensverwaltern doch noch einen Rückzieher macht.

Anlagerichtlinien erstellen

Wer einen Vermögensverwalter um ein Musterdepot bittet, bekommt schnell die Nachfrage: „Wie weit dürfen wir denn gehen?“ Damit eine erfolgreiche Beratung nicht schon an diesem Punkt endet, empfiehlt es sich, Anlagerichtlinien zu erstellen. Für deren Inhalt gibt es keine Vorschriften. Um mehr zu sein als ein Prosawerk sollten die Richtlinien aber zumindest auf die oben genannte Frage Antwort geben. Damit ist nicht nur den besagten Vermögensverwaltern geholfen, sondern auch für den Stiftungsvorstand ein Ermessensspielraum definiert innerhalb dessen er agieren kann ohne bei Vermögensverlusten in Haftung genommen zu werden.

Den Entwicklern der Anlagerichtlinien steht es frei, gewisse Werte aus dem Grundstockvermögen für unveräußerlich zu erklären (z.B. die vom Stifter eingebrachte Immobilie), gewisse Anlageklassen (z. B. Agrarrohstoffe) und Anlageprodukte (z. B. CFDs) auszuschließen oder auch Vorgaben für die Bonität der Investments zu machen.

Erfahrungsgemäß sind allerdings vor allem zwei Fragestellungen entscheidend.

Zum einen möchten die meisten gemeinnützigen Stiftungen ihr Geld unter ethischen, eventuell auch nachhaltigen Gesichtspunkten anlegen oder zumindest gewisse Geschäftsfelder bei den Investitionen ausschließen (z. B. Rüstung, Tabak oder Pornographie). Es ist daher wichtig, zu formulieren, was unter einer verantwortlichen Geldanlage verstanden wird. Der Verweis auf die Kriterien anerkannter Beratungs- und Analysehäuser spart hierbei sicher Arbeit und gibt das Gefühl, auf einer soliden Basis zu stehen, verpflichtend ist dies allerdings nicht.

Ein weiterer Punkt, der sowohl für Anleger wie auch für Berater große Bedeutung hat, ist die maximale Aktienquote. Es gibt auch dabei keinen richtigen, sondern vor allem einen konsensfähigen Wert, mit dem alle Stiftungsorgane gut leben können. Wichtig ist nur, zu vermitteln, dass hier wirklich nach einem Höchstwert gesucht wird, der auch in optimalen Marktphasen sinnvoll erscheint und der Stiftung in Zeiten, wenn die Flut alle Boote hebt, die Mitnahme attraktiver Gewinne ermöglicht. Ebenso ist denkbar, den Wert nur für den Jahresanfang festzulegen, um im Falle einer Hausse freier agieren zu können.

Den Verfassern der Spielregeln sei schließlich geraten, sich gegebenenfalls bei ihren Dachverbänden nach Muster-Anlagerichtlinien zu erkundigen oder Anlagerichtlinien von Stiftungen in ähnlichen Situationen als Vergleich heranzuziehen. Der Satz „Die anderen Kinder dürfen das auch!“ hat uns schließlich schon im Grundschulalter neue Handlungsfreiheiten beschert.

 

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TV-TIPP: Wie Stiftungen zeitgemäß diversifizieren, wie sie ihr Anlagekonzept zeitlos aufsetzen und sich die neue Flexibilität im Stiftungsvermögen zu Nutze machen – das alles finden Sie in der Mediathek des 5ten Virtuellen Tags für das Stiftungsvermögen.

Alles selbst machen oder Beratung einholen?

Viele Stiftungen sind nur mit ehrenamtlichen Organen besetzt, diese verzichten aus Kostengründen auf Kongressbesuche und reichen bei der Auslagenerstattung statt Kilometergeld lediglich die Tankquittung ein. Entsprechend besteht auch Interesse, bei der Vermögensverwaltung sparsam vorzugehen und diese selbst zu übernehmen. Dies kann durchaus gut gehen. Erforderlich ist dafür allerdings, dass die Anlageverantwortlichen die Vorgänge am Kapitalmarkt verfolgen und sich in der Lage sehen, selbst eine Meinung über deren künftige Entwicklungen zu bilden. Wer sich dies nicht attestiert, ist besser beraten, einen Anlagespezialisten zu konsultieren, dessen Einschätzung man vertraut. Oder wie es Markus Hipp, Vorstand der BMW Foundation Herbert Quandt, formuliert: „Finde den richtigen Kopf und die Arbeit ist getan.“

Fonds oder Einzeltitel?

Wer sich über hohe Ausgabeaufschläge ärgert oder schon einmal miterlebt hat, wie ein Investmentfonds zum Jahresende noch einen Verlust produzierte, mag einer Anlage in Einzeltiteln den Vorzug geben. Dies bedeutet aber auch, dass jede Bewegung im Portfolio buchhalterisch erfasst werden muss. Gerade für Stiftungen mit einer kleinen, mitunter sogar ehrenamtlichen Verwaltung erscheint deshalb schon aus Kapazitätsgründen eine Fondslösung als die bessere Wahl, wohlgemerkt gilt dies auch für Stiftungen mit mehreren Millionen Stiftungsvermögen. Und während niemand gegen Anlageverluste gewappnet ist, können gerade gemeinnützige Stiftungen häufig einen deutlich reduzierten Ausgabeaufschlag aushandeln, eventuell auch den gänzlichen Verzicht darauf, dazu muss in der Regel an der Depot-Infrastruktur geschraubt werden.

Die Möglichkeiten ausloten

Der Grund, warum eine Stiftung trotz unerfreulichen Ergebnissen am Festgeld oder dem Fonds der Hausbank festhält, ist oft simpel: Angesichts der geringen Vermögensausstattung scheint es keine Alternative zu geben. Dies ist aber so nicht richtig. Es ist auch bei kleinen Beträgen möglich, dass Vermögen zumindest auf mehrere Fonds mit unterschiedlicher Gewichtung zu verteilen, um das Risiko zu diversifizieren. Selbst bei einem fünfstelligen Stiftungsvermögen wird sich zumindest eine Honorarberatung finden lassen, die einen Anlagevorschlag zur breiteren Streuung des Vermögens mithilfe vom Mischfonds oder ETFs entwickelt. Und wenn zumindest eine Viertelmillion neu anzulegen ist, werden sich bereits eine Reihe von Vermögensverwaltern um eine Mandatierung bemühen. Steht hinter der Stiftung ein bekanntes Unternehmen, ein Wohlfahrtsverband oder eine kirchliche Organisation, wird ein Anbieter vielleicht sogar aus Prestigegründen von einer Mindestanlagesumme absehen, wenn er mit dem neuen Kunden werben darf. Es lohnt sich auf jeden Fall auszuloten, welche Auswahl eine Stiftung bei der Wahl ihrer Vertragspartner hat. In der Regel ist das Ergebnis erfreulicher als zunächst gedacht.

In der Assetklasse Infrastruktur weist der Großteil der Fonds einen Multi-Sektor- bzw. Diversified-Fokus (68,4%) auf, gefolgt von Fonds der Kategorie Renewables (21,1%). Überwiegend vertretener regionaler Fokus ist Europa (72,2%), die restlichen Fonds teilen sich regional in die Kategorien Global (16,7%) und den OECD-Raum (11,1%) auf. In der Assetklasse Private Debt gehören die meisten Strategien dem Marktsegment Core Mid-Market (58,3%) an, die anderen Marktsegmente – Real Estate Backed (13,9%), Upper Mid-Market (16,7%) und Lower Mid-Market (11,1%) – liegen ungefähr gleichauf dahinter. Mit Bezug auf die Regionen macht hier Europa (47,2%) den Großteil der Fonds aus, gefolgt von globaler Ausrichtung (16,7%) und Nordamerika (13,9%). Mit Bezug auf die Risikoklasse machen Senior-Secured-Strategien (69,4%) den größten Anteil der Produkte aus, gefolgt von den Kategorien Mezzanine (22,2%) und Unitranche (8,3%).

Mut zum Pitchen

Einmal gewonnen, ist eine Stiftung in der Regel ein treuer Kunde und bringt auch etwas mehr Geld mit als ein Privatanleger. Sie kann daher durchaus verlangen, dass interessierte Finanzdienstleister ihre Angebote für Stiftungen persönlich vorstellen, für Fragen zur Verfügung stehen und auch ein Musterportfolio mit anonymisierten Daten eines vergleichbaren Kunden mitbringen. Solche Pitches sind im Bereich der institutionellen Vermögensanlage ein üblicher und verbreiteter Vorgang, den Finanzdienstleister auch nicht für arrogant halten werden.

Manche Stiftung mit hohen ethischen Maßstäben wird sich vielleicht daran stören, dass sie letztlich den meisten Bewerbern eine Absage erteilen muss. Hier kann helfen, die Kandidaten gleich zu Beginn über die Zahl der Mitbewerber zu informieren und zu betonen, dass nur ein oder maximal zwei davon das Rennen machen werden. Die Zusicherung, die Vermögensverwaltung alle drei, vier oder fünf Jahre neu auszuschreiben – eine ohnehin sinnvolle Maßnahme – lässt die abgelehnten Kandidaten außerdem mit dem Eindruck zurück, dass sich die Tore der Stiftung nicht für immer geschlossen haben.

Vergleichbarkeit herstellen

Wie schön wäre die Welt, wenn sich der Service aller Finanzdienstleister anhand einer Handvoll direkt vergleichbarer Kennzahlen messen ließe. So einfach ist es jedoch nicht. Mal bieten nicht alle Anbieter sämtliche gewünschten Anlageklassen an, mal setzen sich die Gesamtkosten der Vermögensverwaltung auf höchst unterschiedliche Weise zusammen. Und natürlich hat jeder andere Kriterien für nachhaltige Geldanlage. Hier braucht es ein gewisses Maß an Vergleichbarkeit. Helfen kann, die Vor- und Nachteile des Anlagekonzeptes aufzulisten, die Entscheidung anhand konkreter Depotvorschläge für die genannte Vermögenssumme zu treffen oder vorab eine Hand voll entscheidender Fragen zu formulieren und die Antworten hierauf gegenüberzustellen. Stiftungen sollten auch darauf achten, für wie erhaben die Anbieter sich und ihren Service halten. Minuspunkte für übertriebenes Konkurrenten-Bashing zu vergeben, ist durchaus legitim.

Die Anlageprodukte verstehen

Schön, wenn der individuell für die Stiftung erstellte Portfoliovorschlag weit höhere Rendite verspricht als die bisherigen Festgeldanlagen. Kann allerdings bei der Hälfte der Finanzprodukte niemand erklären, wie sie funktionieren, investiert eine Stiftung letztlich in eine Wundertüte, bei der sich nicht ermitteln lässt, wie die Rendite zustande kommt und vor allem wo die Gründe für Rücksetzer zu suchen sind. Erschließt sich auch beim dritten Lesen der Wesentlichen Anlegerinformationen nicht, wie die gewählten Managed Futures funktionieren oder sind die Wenn/Dann-Bedingungen des Zertifikates komplett unübersichtlich, sollten diese Produkte aus dem Portfolio fliegen.

Gut ist oft gut genug

Einen Finanzdienstleister, der delta-adjustiertes Risikomanagement verwendet oder verschiedene Trendfolgemodelle gegeneinander laufen lässt, werden nur die wenigsten Stiftungen tatsächlich benötigen. Kann ein Anbieter schlüssig erklären, welche Anlageklassen er im Stiftungsdepot einsetzt, auf welche er verzichtet und welche Konzepte er für stagnierende und fallende Märkte hat, reicht dies in den meisten Fällen aus. Auch wenn an der Wand im Büro des Beraters eine Stadtansicht statt Bilderrahmen voller Auszeichnungen hängen, wird eine Stiftung mit diesem Partner in der Regel eine auskömmliche Rendite erzielen.

Raum für menschliche Faktoren lassen

Gibt es mehrere Bewerber mit gleich ansprechenden Anlagekonzepten, kann die Entscheidung ruhig danach fallen, mit wem die Anlageverantwortlichen menschlich am besten zurechtkommen. Verlaufen die Gespräche mit dem Kundenberater angenehm oder haben Sie Mühe, sich verständlich zu machen? Betreibt er Konkurrenten-Bashing oder legt er Chancen und Risiken der Anlagestrategie ehrlich offen? Arbeitet Ihr Ansprechpartner diszipliniert seine Rückrufbitten ab oder dauert das einige Tage? Ist der Berater an einer langfristigen Kundenbeziehung interessiert oder bewegt ihn vor allem der Haftungsausschluss? Dies alles sind Faktoren, die ebenfalls zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit beitragen können und bei der Wahl des Vertragspartners ihre Berechtigung haben.

meinstiftungsexperte

Zusammengefasst

Natürlich ist eine Stiftung auch bei Beachtung all dieser Punkte nicht davor gefeit, einen Vermögensverlust zu erleiden. Sie hat dann jedoch einen oder sogar mehrere verlässliche Vertragspartner an der Seite, die ihr helfen können, auf diese Entwicklungen angemessen zu reagieren. Vor allem aber hat sie im besten Fall ein Anlagekonzept bei der Hand, auf das sie ihr Handeln fußen kann. Bei allem ist das dann definitiv zum Wohle der Stiftung.