Stiftungsvermögen muss wirken

Ratgeber

Muss Stiftungs­vermögen wirken?

Impact Investments – ein wichtiges, aber auch sensibles Thema!

Gregor Kuhl, gregor.kuhl@pax-bank.de, Lesezeit: 7min22

Stiftungsvermögen muss wirken

Stiftungsvermögen muss wirken. Erst recht vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission mit dem EU Action Plan for Sustainable Finance die Nachhaltigkeit am Finanzmarkt verankern will. Investitionen und Kapitalströme sollen vermehrt in nachhaltige Geschäftsmodelle fließen. Doch welche Wirkung bzw. welchen „Impact“ erzielen diese Modelle tatsächlich? Und was bringt es Ihnen als Stiftung, sich dezidiert und gezielt mit nachhaltiger Kapitalanlage auseinanderzusetzen? Eine Bestandsaufnahme samt Checkliste.

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Nachhaltige Geldanlagen boomen. Doch so manches Produkt mit dem Anspruch „nachhaltiges Investment“ entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung. Die Gefahr des Greenwashings bzw. Impactwashings hat aufgrund des inflationären Angebots und der unklaren regulatorischen Rahmenbedingungen stark zugenommen. Viele lassen die Anleger im Unklaren darüber, welche Wirkung das Investment wirklich hat und welchen Impact es verfolgt. Was fehlt ist der Beipackzettel der Kapitalanlage. Was ist drin, was bewirkt sie und gibt es sogar Nebenwirkungen?

Die Impact-Debatte soll strukturiert werden

Insbesondere Investmentfonds werben offensiv mit ESG-Kriterien und der positiven ökologischen und sozialen Wirkung ihrer Investments. Dabei beziehen sie sich häufig auf die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDG) und greifen auf verschiedene Instrumente zurück, mit denen sie die positive Wirkung ihrer Investitionen zu belegen versuchen.

Sich häufende Kontroversen am Markt zeigen jedoch, dass die Darstellung von Impact nicht immer das hält, was der Erwartung der Anleger bzw. der Marktdefinition von Impact Investments entspricht. Die Regulatorik der EU hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Impact-Debatte zu strukturieren. Mit der EU-Offenlegungsverordnung, der EU-Taxonomie und MiFID II will sie den Akteuren Instrumente an die Hand geben, die als Regelwerke für Nachhaltige Geldanlagen und Impact Investments einheitliche Standards setzen.

Jedes Investment hat einen Impact

Private und institutionelle Anleger sollen transparenter die Finanzprodukte am Markt einschätzen und bewerten können. Allen Bemühungen zum Trotz: Es bleibt komplex. Denn grundsätzlich weist jedes Investment einen Einfluss oder Impact auf, unabhängig davon, ob es sich um eine nachhaltige Anlage handelt oder nicht. Geld ist daher nicht neutral und Impact ist ein Merkmal jedes Investments. Dementsprechend gilt es, die Wirkung einer jeden Geldanlage von der speziellen Anlagekategorie Impact Investments im Sinne von Nachhaltigen Investments abzugrenzen.

Impact-Merkmale – eine Übersicht

Das Global Impact Investing Network (GIIN) definiert dabei ein Impact Investment als eine Investition, die mit der Absicht getätigt wurde, neben einer finanziellen Rendite eine positive und messbare sozial-ökologische Wirkung zu erzielen. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) ergänzt diese Definition um fünf Impact-Merkmale, welche richtungsweisend für die Differenzierung von Fonds und deren positivem Beitrag sind:

  • Intentionalität: Mit dem Investment wird beabsichtigt, zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen.
  • Zusätzlichkeit: Der positive Beitrag des Investments soll signifikant sein und glaubhaft dargelegt werden. Mögliche negative Beiträge sind hierbei auch zu berücksichtigen.
  • Wirkungskanäle: Die (direkten oder indirekten) Wirkungskanäle des Investments sollen erläutert werden.
  • Messbarkeit: Der positive Beitrag muss anhand messbarer Kriterien dargelegt werden.
  • Transparenz: Über den positiven Beitrag muss transparent berichtet werden.

Jede Anlageklasse hat ihr eigenes Impact-Potenzial

Schaut man auf die verschiedenen Assetklassen, die sich am Kapitalmarkt etabliert haben, so erkennt man unterschiedliche Impact-Potenziale. Ein alternativer Investmentfonds stellt Eigen- oder Fremdkapital direkt den Unternehmen zur Verfügung. Ein Wertpapierfonds dagegen kauft i.d.R. Aktien oder Anleihen über den Börsenhandel von einem anderen Investor. Aufgrund der unterschiedlichen Kapitalströme ist es dabei schier unmöglich, eine direkte Zuordnung von Wirkung vorzunehmen. Daher müssten Investoren zunächst ausdifferenzieren, welche Impact-Potenziale verschiedene Assetklassen haben. Dafür sind sie wiederum auf aussagekräftige Angaben der Anbieter angewiesen. Hierin steckt das Problem der Transparenz und der Überprüfbarkeit.

Das Kapitalmarktmarketing beflügelt hierbei teils kreative und irreführende Ausführungen von Impact-Darstellungen nachhaltiger Investments. Aber wie kann man Impact gewissenhaft darstellen?

Stiftungsexperten finden

Differenzierung

  • Mikrofinanzanlagen
    Hierbei werden die angelegten Gelder über sogenannte Mikrofinanzinstitute, oft genossenschaftlich organisierte Banken, in Entwicklungsländern als Kleinkredit an wirtschaftlich aktive Menschen vergeben, die sich mit diesen Mitteln einen eigenen kleinen Geschäftsbetrieb aufbauen. Hilfe zur Selbsthilfe.
  • Erneuerbare Energien
    Die Investition in bereits bestehende Photovoltaik- oder Windparks machen noch kein Impact Investment aus, da hier ja lediglich bereits bestehende Anlagen den Besitzer wechseln. Deutlicher wird es bei Investitionen, bei denen auch wirklich neue Anlagen aufgebaut werden und damit tatsächlich ein ökologischer Einfluss genommen wird. Dieser ist messbar und transparent.
  • Nachhaltigkeitsresearch
    Eine Klassifizierung von Aktien- und Anleiheinvestments des täglichen Börsenhandels in Impact Investments halte ich für nicht ziel- oder gar irreführend, da hierbei nur die Besitzer der bereits bestehenden Anteile per Börsenhandel wechseln. Dagegen ist die Bewertung eines Wertpapierportfolios über ein Nachhaltigkeitsresearch gut machbar. Entsprechende Anbieter versorgen Anleger mit ausführlichen Berichten, sodass nach eigenem Werteverständnis eine Überprüfung der Wertpapieranlage erfolgen kann. Dies ist jedoch von den oben skizzierten Impact Investments klar abzugrenzen.
  • Alternativen
    Green Bonds stellen eine mögliche Alternative dar, wenn diese entsprechend neu nach den heutigen Marktstandards der Green Bond Principles aufgelegt werden. Sie werden von Unternehmen und Staaten begeben, um einen bestimmten nachhaltigen Zweck zu finanzieren. Oft handelt es sich um Investitionen in erneuerbare Energien. Wichtig ist hier, dass in den Anlagebedingungen klar definiert wird, welcher Zweck mit der Investition verfolgt wird und dass es hierüber ein entsprechendes Reporting gibt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sprechen wir von Impact Investing. Aber auch In diesem Anlagesegment gibt es Anbieter, die den Titel Green Bond eher als Marketinginstrument nutzen. Insofern lohnt es sich auch hier näher hinzuschauen.

Daneben gibt es zahlreiche alternative Investments, bei denen individuelle Privatplatzierungen von Anleihen oft kleinerer Unternehmen zu beobachten sind. Sozusagen Nachhaltigkeits-Start-Ups – in die übrigens auch auf der Eigenkapitalseite (Stichwort: Private Equity) investiert werden kann. Hier ist dann häufig sehr direkt ein Impact Investment realisierbar, bei dem echter Impact entsteht, indem ein gesellschaftliches Problem mit sozialunternehmerischer Aktivität gelöst wird. Da Start-Up-Unternehmen aber oft über kein Rating verfügen, ist es wichtig, hier auch tiefer einzusteigen und die damit verbundenen Risiken sehr genau auszuloten.

Stiftungen müssen Impact Investments sachgerecht beurteilen

Impact Investing ist also kein einfacher Weg des Investierens, speziell für viele Stiftungen ist es ein holpriger Weg, da eben genau jene detaillierte Prüfung der Investments nicht oder nur ansatzweise vollzogen werden kann. Das Streben nach Impact Investments erfordert dazu Transparenz und die Möglichkeit einer realistischen Einflussnahme der Marktteilnehmer. Es geht darum, die Grundlage zu schaffen, dass Anleger den tatsächlichen Beitrag eines Unternehmens oder Fonds zu einer nachhaltigen Entwicklung nachvollziehen und transparent beurteilen können. Ohne dieses Beurteilen ist eine sachgerechte Entscheidung nicht möglich, genau eine solche müssen Stiftungen aber treffen.

Eine „So finden Sie einen Einstieg ins Impact Investing“-Checkliste

Damit das funktioniert, brauchen Stiftungen Ansatzpunkte. Denn Impact Investing ist in der Regel ein schrittweiser Prozess:

  1. Suchen Sie das Gespräch, lassen Sie sich zu Impact Investing inspirieren. Sie werden Impact nur in der Gremieninnensicht nicht auf die Spur kommen.
  2. Machen Sie sich Gewahr, welche Art von Impact Ihnen wichtig ist. Es gilt zu wiederholen. Jedes Investment hat einen Impact. Direkter Impact ist mit Aktien oder Anleihen nicht zu machen, das ist indirekter Impact. Direkter Impact hingegen, das können Private Equity-Investments in innovative Social Business start-ups oder eben die Windkraftanlage im Nachbardorf sein.
  3. Versuchen Sie sich vom Anbieter eines Fondsprodukts beschreiben zu lassen, wo der Impact dieses oder jenen Fonds gemessen wird, und wie sich der Impact ggf. verändern wird. Wo wird also zum Beispiel künftig vom Fondsmanagement mehr Augenmerk darauf gelegt, was in der Folge das Impact-Profil des Fonds verändern wird. Fonds sind als „status quo“ zu greifen, aber eben auch als „on the go“.
  4. Und last but not least: Schrauben Sie Ihre Erwartungen nicht zu hoch, erwarten sie nicht, dass – wenn sie gestern „konventionell“ unterwegs waren im Stiftungsvermögen –

sie morgen komplett „impact“ unterwegs sein werden. Derlei braucht Zeit, derlei braucht Expertise, derlei braucht Erfahrungswerte, derlei braucht aber eben auch die Anlagelösungen. Impact ist Haltung, Prozess und Progress zugleich.

vtfds2023 - Save the Date

Zusammengefasst

Stiftungsvermögen muss investiert werden, und wenn dem so ist, dann muss dem Impact-Aspekt auch entsprechend Aufmerksamkeit eingeräumt werden. Dass dies aber kein einfaches Unterfangen ist, zeigt die Realität. Noch sehr wenige Stiftungen finden hierzulande einen Einstieg ins Impact Investing. Das mag verschiedenste stiftungsindividuelle Gründe haben, aber auf Seiten der Impact Investments besteht eben auch noch Nachholbedarf – hinsichtlich Ausgestaltung, Zugang und auch Transparenz. Der EU-Aktionsplan zur Nachhaltigen Kapitalanlage treibt die Dinge aber voran, er setzt einen Rahmen, lenkt die Kapitalflüsse hin zu nachhaltigen Anlagen. Stiftungen profitieren hier an zwei Stellen: Sie bekommen lösungsseitig ein stetig größeres Produkt-Universum an die Hand, und sie werden darüber unterstützt, ihre Investmentpolitik näher an ihre DNA heranzurücken (die ja bekanntlich das Stärken des Gemeinwohls vorsieht). So kann Stiftungsvermögen dann stetig stärker wirken. Aber, das muss es auch.

Gregor Kuhl

Über den Autor
Gregor Kuhl ist Leiter des Asset Managements bei der christlich-nachhaltigen Pax-Bank eG und damit verantwortlich für die Vermögensverwaltung und das Treasury. Gemeinsam mit weiteren Partnern hat die Bank 2021 die Verida Asset Management gegründet, die das Ziel verfolgt, Geldanlagen anzubieten, die über reine Ausschlusskriterien hinaus gehen und die Transformation fördern.