6 Schritte zur Anlagerichtlinie Teil 2

Ratgeber

Stiftungen und ihre Anlagerichtlinie

In 6 Schritten zur Anlagerichtlinie, Teil 2: Über die Zuständigkeiten („WER“) für die Verwaltung des Stiftungsvermögens sowie Überwachung und Kontrolle

Hanna Günther, Dr. Michael Stingl, Tobias Karow, Lesezeit: 7min, FondsFibel 2022

6 Schritte zur Anlagerichtlinie Teil 2

In 6 Schritten als Stiftung zu einer Anlagerichtlinie zu finden, das ist machbar. Wichtig ist hierbei aber auch, neben dem WAS auch der WER zu benennen. Denn die handelnden Personen sind es, die Entscheidungen diskutieren und treffen. Entsprechend handelt Teil 2 unseres Zweiteilers „In 6 Schritten zur Anlagerichtlinie“ davon, wie Zuständigkeiten in Anlagerichtlinien geregelt und inwiefern Kontrolle ausgestaltet werden sollte.

Teilen Sie diesen Artikel

5. Schritt: Zuständigkeit und Kontrolle

Der Vorstand ist originär für Vermögensverwaltung zuständig. Die Verwaltung des Stiftungsvermögens gehört zum festen Pflichtenkatalog eines Stiftungsvorstands. Pflicht bedeutet, sich zu kümmern und das Nichts-tun („Stichwort: Aussitzen“) nicht zum Leitbild des eigenen Tuns zu machen.

 

Es ist möglich, dass ein Anlagebeirat/Anlageausschuss best wird. Beispiele hierfür:

Anlagerichtlinie des NaturschutzFonds Deutschland

Die Anlagerichtlinie dient dem Anlagebeirat des Fonds als Erfüllungsrahmen und grenzt den Ermessensspielraum des Anlagebeirates bei der Vermögensanlage ein.

 Anlagebeirat Der Anlagebeirat soll aus nicht mehr als 9 Mitgliedern bestehen. Jeder Investor mit mehr als 20% Anteil am  Fondsvermögen  darf  ein  Mitglied  benennen.  Darüber hinaus können alle kleineren Investoren gemeinsam ein Mitglied entsenden. Nach Möglichkeit sollen drei externe Experten Teil des Anlagebeirats sein. Der Anlagebeirat tritt mindestens 2 x jährlich zusammen. Im Bestreben um größtmögliche Transparenz erhalten alle Investoren die Sitzungsprotokolle des Anlagebeirats und können mögliche Fragen  über  entsprechende  Tagesordnungspunkte  an  die Ausschusssitzungen stellen.

 Der Anlagebeirat empfiehlt die jährliche Portfoliostruktur.

Anlagerichtlinie der unicef Stiftung

Anlageausschuss Der Anlageausschuss setzt sich zusammen aus dem/der Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes, dem/der Schatzmeister/in des Deutschen Komitees für UNICEF e.V. und den Geschäftsführern/innen der UNICEF-Stiftung. Ihre Tätigkeit im Ausschuss endet mit dem Ausscheiden aus ihren jeweiligen Mandaten in Stiftungsvorstand, als Schatzmeister/in des Vereins oder als Geschäftsführer/in der UNICEF-Stiftung. Bei Bedarf kann der Ausschuss um zusätzliche Mitglieder des Stiftungsvorstandes oder sachverständige externe Berater erweitert werden. Der Ausschuss gibt sich im Rahmen von Gesetz und Satzung seine Geschäftsordnung selbst. Er kommt mindestens zweimal jährlich zu einer Sitzung zusammen.

Aufgaben des Anlageausschusses

Der Anlageausschuss beschließt die Anlagerichtlinien. Er wird monatlich in schriftlicher Form über die Entwicklungen unterrichtet. Darüber hinaus nimmt er den halbjährlich per 30.06. und 31.12. zu erstellenden Bericht über die Ergebnisse der Vermögensverwaltung entgegen und ist für die Auswahl der zu beauftragenden externen Vermögensverwalter zuständig.

Bsp. f. Kontrolle:

Annelise Brost Stiftung

§6 Berichterstattung
Im Zuge der teilweise professionellen Dienstleistern zugewiesenen Überwachungsfunktion, wie unter
§ 5 dargestellt,lässt sich die Brost-Stiftung umfassend und mindestens halbjährlich Bericht erstatten. Im Hinblick auf die Wertpapieranlagen erhalten der Stiftungsvorstand sowie die Geschäftsführung regelmäßig Auswertungen in Form eines umfänglichen Wertpapierberichts, der unter anderem sämtliche Anlageinstrumente sowie Transaktionen umfasst. Weiter wird in dem Bericht das Einhalten der konkreten Vorgaben für die beauftragten Vermögensverwalter geprüft und dokumentiert.
Ebenso findet ein Abgleich der Renditeentwicklung in Bezug auf die jeweils vorgegebene Benchmark statt. Im Hinblick auf die Immobilienanlagen erhalten der Stiftungsvorstand sowie die Geschäftsführung regelmäßig Auswertungen zur Entwicklung des Immobilienportfolios. In diesen Auswertungen werden unter anderem die Entwicklung der Mieten, Leerstandsquoten und laufende Betriebskosten dokumentiert und der Abgleich mit jeweiligen Prognosen dokumentiert. Das Kuratorium erhält regelmäßig Informationen zur Wertpapieranlage der Stiftung. Über die weitere Vermögensanlage in andere Anlageklassen wird das Kuratorium einmal jährlich informiert. Darüber hinaus erhält das Kuratorium in der Regel halbjährlich einen Bericht über die Entwicklung der Mittelverwendung nebst Projektübersicht.Weitergehend erarbeitet die Geschäftsführung regelmäßig gesonderte Reportings für den Vorstand und das Kuratorium, in welchen die in den Berichten zu den Wertpapieranlagen und Immobilienanlagen enthaltenen Informationen analysiert und bewertet werden. Ergänzt werden diese Berichtsvariantendurch umfangreiche Analysen, die dem Vorstand von der Geschäftsführung als zusätzliche Entscheidungsgrundlage vorgelegt werden.

Anlagerichtlinie der Deutschen Stiftung für Dermatologie

IV Anlageentscheidungen, Berichtswesen und Kontrolle

  1. Die Anlageentscheidungen trifft der Vorstand mit Mehrheitsentscheidungen.
  2. Bei seinen Anlageentscheidungen wird der Vorstand von einem Anlageausschuss beraten. Dieser setzt sich aus mindestens zwei Personen zusammen, die aus ihrem beruflichen Umfeld entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen oder während ihrer früheren aktiven Berufstätigkeit erworben haben.
  3. Die Gründe, die zu den einzelnen Anlageentscheidungen führen, sind sorgfältig zu dokumentieren.
  4. Die Vermögensanlage kann nach Zustimmung des Stiftungsrates / Kuratoriums durch den Vorstand der Vermögensverwaltung auf erfahrene Dritte übertragen werden, z.B. im Rahmen einer Vermögensverwaltung.
  5. Der Stiftungsrat/Kuratorium ist quartalsweise und jährlich über die erzielten Erträge und Aufwendungen aus der Vermögensanlage sowie über die Einhaltung der unter III. aufgeführten Limits zu berichten. Eine Verletzung vereinbarter Limits ist unverzüglich dem Stiftungsrat zu melden. Darüber hinaus prüft er die Anlagegrundsätze mindestens einmal pro Jahr auf Änderungsbedarf.
  6. Die Kontrolle und Einhaltung der unter III. beschriebenen Anlagerichtlinien darf nicht durch die mit den Geschäftsbeschlüssen beauftragten Personen erfolgen.
  7. Der unter II./5 beschriebene Liquiditätsplan ist quartalsweise und jährlich dem Stiftungsrat / Kuratorium vorzulegen.

6. Schritt: Überwachung der Umsetzung und Anpassung der Anlagerichtlinie

Mindestens jährlich muss (sollte) die Umsetzung der Anlagerichtlinie überprüft werden. Jährlich ist in hoch-friktionalen Zeiten allerdings unter Umständen eine zu langer Zeitraum, um zur Kapitalanlage einer Stiftung zu reflektieren. Daher kann es sinnvoll sein auch Regelungen zu treffen, sich unterjährig oder nach Anlass zu treffen. Eine digitale Zusammenkunft sollte heute definitiv als Austauschformat angezeigt und in die Formate aufgenommen werden, um eine Stiftung auch in Zeiten eingeschränkter Mobilitäten der Stiftungsgremien-Mitglieder (etwa durch einen gesetzlich erlassenen Lock-Down) stets in die Lage zu versetzen, beschluss- und handlungsfähig zu sein.

Bsp.: Anlageausschuss überwacht die Umsetzung

Anlagerichtlinie Becker Cordes Stiftung

Umsetzung von Anlageentscheidungen

Die Anlageentscheidungen werden im Rahmen der nachfolgenden Regelungen über die Anlagestrategie durch den Vorstand umgesetzt.

In regelmäßigen Abständen werden alle Anlageentscheidungen und die Einhaltung der vereinbarten Anlagestrategie vom gesamten Vorstand kontrolliert. Jährlich wird dem Kuratorium das Ergebnis der Vermögensverwaltung präsentiert.

(…)

4 Umsetzung und Kontrolle

Um zu gewährleisten, dass die oben definierten Richtlinien eingehalten werden, und um flexibel auf Marktsituationen reagieren zu können und um den Vorstand bei der Entscheidungsfindung sowie Umsetzung zu unterstützen, tagt regelmäßig auf Einladung des Vorstandes – mindestens einmal jährlich – ein Anlageausschuss. Dieser reflektiert die vorangegangenen Entscheidungen des Anlageausschusses und deren Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung und legt die konkreten Gewichtungen der Vermögensanlagen als Rahmen für den Vorstand für die jeweils kommende Periode fest.

Der Anlageausschuss besteht aus dem Vorstand und weiteren Mitgliedern. Die weiteren Mitglieder werden vom Vorstand berufen. Die Auswahl und die Anzahl obliegen ausnahmslos dem Vorstand. Es sollen möglichst der Becker / Cordes Stiftung verbundene, unabhängige Berater sein, welche ehrenamtlich die Stiftungszwecke unterstützten und darüber hinaus zur laufenden Entscheidung über die Vermögensanlagen beitragen können.

Die Ergebnisse, Auswirkungen auf die Vermögensanlagestrukturen und Protokolle sind den Mitgliedern des Kuratoriums zeitnah in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen.

Die Einrichtung dieses Anlageausschusses ist optional. Falls auf den Anlageausschuss verzichtet wird, fällt die Kontroll-Aufgabe dem Kuratorium zu und wird auf der alljährlichen Kuratoriumssitzung durchgeführt.

Es ist zu evaluieren, ob die gesteckten Ziele erreicht wurde.

Bsp. hierfür:

Anlagerichtlinie der unicef-Stiftung:

Berichtswesen und Risiko-Controlling
Dem Anlageausschuss wird halbjährlich ein detaillierter Bericht zur Verfügung gestellt, aus dem mindestens folgende Informationen hervorgehen sollen:

  •  Vermögensstand zum jeweiligen Stichtag in Euro
  • Anteil der jeweiligen Anlagekategorien in % und Euro -Höhe der Einzelengagements
  • Wertentwicklung in Euro und in % (bezogen auf das eingesetzte Kapital)
  • Ergebnisbeitrag der jeweiligen Anlagekategorie in Euro und % -Auflistung aller getätigten Umsätze im Berichtszeitraum -kurze schriftliche Erläuterung über die Ergebnisse der letzten sechs Monate
  • kurze Darstellung der Strategie/Schwerpunkte für den laufenden Berichtszeitraum
  • kurze Darstellung der Gründefür technische und taktische Portfolioänderungen.

Der Bericht soll innerhalb von einem Monat nach Ablauf des jeweiligen Berichtszeitraumes vorgelegt werden.

Auch die gewissenhafteste Umsetzung einer Anlagerichtlinie schützt nicht davor, dass diese den laufenden Veränderungen der Anlageumwelt angepasst werden muss. Somit ist in regelmäßigen Abständen der eingeschlagene Kurs zu überprüfen. Möglicherweise ist neu zu navigieren und die Anlagepolitik anhand der Veränderungen auszurichten.

Bsp. für Regelmäßigkeit:

Anlagerichtlinien der Zukunftsstiftung Entwicklung

Überprüfung Die Anlagerichtlinien werden alle fünf Jahre durch den Stiftungsrat der Zukunftsstiftung auf Ihre Aktualität überprüft und ggf. angepasst.

Bsp. für Zuständigkeit der Evaluierung:

Anlagerichtlinie Becker Cordes Stiftung

4 Umsetzung und Kontrolle

Um zu gewährleisten, dass die oben definierten Richtlinien eingehalten werden, und um flexibel auf Marktsituationen reagieren zu können und um den Vorstand bei der Entscheidungsfindung sowie Umsetzung zu unterstützen, tagt regelmäßig auf Einladung des Vorstandes – mindestens einmal jährlich – ein Anlageausschuss. Dieser reflektiert die vorangegangenen Entscheidungen des Anlageausschusses und deren Auswirkungen auf die Vermögensverwaltung und legt die konkreten Gewichtungen der Vermögensanlagen als Rahmen für den Vorstand für die jeweils kommende Periode fest.

(…)

Mehr zur Fondsanlage von Stiftungen

Zusammengefasst

In Teil 2 unseres Zweiteilers „In 6 Schritten zur Anlagerichtlinie“ standen Regelungen im Vordergrund, die in manchen Anlagerichtlinien immer noch zu wenig Raum einnehmen. Denn gerade das Reflektieren zu einer Anlagepolitik und deren Ergebnisse macht das Vermögensmanagement insgesamt besser – insbesondere in der langen Perspektive. Insofern sollten Inhalte zu den Kontrollzyklen, den zuständigen Personen und auch zu Austauchformaten bei Sondersituationen (etwa einem weiteren Corona-Lockdown) nicht fehlen. So aufgesetzt gehört eine Anlagerichtlinie zum Must-Have-Besteck von Stiftungsverantwortlichen. Erst recht nach dem 1.7.2023.

[2] Herbert, Brem, Raith, Janson: Die Anlage des Stiftungsvermögens im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Rendite, FuS 2012, 89, 90.