Inflation rüttelt auch Stiftungsverantwortliche jetzt einfach wach

Ratgeber

„Inflation rüttelt auch Stiftungsverantwortliche jetzt einfach wach“

Am runden Tisch mit Petra Träg (SOS-Kinderdorf-Stiftung), Dr. Stefan Fritz Bischof Arbeo Stiftung), Immo Gatzweiler (AXA Investment Managers)

Die Diskussion führte Tobias Karow, Lesezeit: 12min26, FondsFibel 2022

Inflation rüttelt auch Stiftungsverantwortliche jetzt einfach wach

Ist die Stiftungsrechtsreform ein Gamechanger für das Stiftungsvermögen und wie muss Stiftungsvermögen mit Blick auf 2030 verwaltet werden, das diskutierten wir mit Petra Träg von der SOS-Kinderdorf-Stiftung, Dr. Stefan Fritz von der Bischof Arbeo Stiftung und dem Stiftungsexperten von AXA Investment Managers, Immo Gatzweiler. Heraus kam ein Gespräch über die Stiftungsrechtsreform als Gamechanger und die Anlagerichtlinie im Nullzins.

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Am runden Tisch 2022

Wir sprachen am runden Tisch mit mit Petra Träg (SOS-Kinderdorf-Stiftung), Dr. Stefan Fritz Bischof Arbeo Stiftung), Immo Gatzweiler (AXA Investment Managers).

stiftungsmarktplatz.eu: Fangen wir einmal ganz vorne an, bei der Stiftungsrechtsreform. Was ist diese nun genau, bezogen auf das Stiftungsvermögen, Reform, Reförmchen oder Gamechanger?

Petra Träg: Bei der Stiftungsrechtsreform habe ich mittlerweile die Erkenntnis gewonnen, dass es entscheidend ist, wo die Stiftung ihren Sitz hat, welcher Stiftungsaufsicht sie damit untersteht. Von vielen Stiftungen, die nicht in Bayern oder Baden-Württemberg angesiedelt sind, hatte ich gehört, dass dort immer schon hier und da Umschichtungserlöse für die Zwecke verwendet wurden, obwohl dies in der Satzung so nicht geregelt ist. Hier ist die Stiftungsrechtsreform dann auch kein Gamechanger, in Bayern aber schon. Wir hatten hier ein strenges Stiftungsrecht dergestalt, wenn die Verwendung von Umschichtungserlösen qua Satzung nicht geregelt war, diese zum Stiftungskapital gezählt wurden. Für die Stiftungen, die länger bestehen und  somit Umschichtungserlöse erwirtschaftet hatten, diese aber eben bisher für den Satzungszweck nicht verwenden durften, ist die Situation jetzt eine andere.

Petra Träg

„In vielen Bundesländern ist die Stiftungsrechtsreform kein Gamechanger, in Bayern aber schon.“
(Petra Träg, Geschäftsführerin SOS-Kinderdorf-Stiftung)

Beziehungsweise ab Mitte 2023.

Petra Träg: Genau, denn dann treten die neuen Regelungen ja erst in Kraft. Aber die Stiftungsrechtsreform hat speziell in Bayern mit dem realen Kapitalerhalt noch eine andere Facette. Die Umschichtungsrücklage fungierte hier immer als Polster, das ich bei der Berechnung des realen Kapitalerhalts heranziehen konnte. Wenn nun mit den neuen Regeln die Umschichtungsgewinne ausgeschüttet werden und es dann  einen Börsencrash gibt, kann es passieren, dass der reale Kapitalerhalt nichtmehr geschafft wird.

Dr. Stefan Fritz: Zur Stiftungsrechtsreform habe ich eine ambivalente Meinung. Einerseits ist sie für mich kein Gamechanger, weil sie auf vielen Regelungen aufsetzt, die in der Praxis in vielen Fällen schon gelebt wurden. Der Gesetzgeber tut in seiner Begründung zur Umschichtungsrücklage jetzt ja auch so, als wäre es immer schon so gewesen. Bei der Business Judgement Rule wurden Grundsätze in einen rechtlichen Rahmen gegossen, die in der Rechtsprechung bereits Anwendung fanden. Trotzdem ist die Stiftungsrechtsreform am Ende des Tages ein Gamechanger, denn was Stiftungen durch Klarstellung zur Umschichtungsrücklage gewinnen, das ist Flexibilität. Diese gibt Stiftungen die Möglichkeit an die Hand, das Vermögensmanagement deutlich professioneller zu gestalten. Und natürlich ändert sich hoffentlich die Denkweise der Stiftungsverantwortlichen. Sie werden hoffentlich nicht mehr Angst-getrieben investieren, sondern produktiver und erfolgsorientierter, eben entlang ihrer stiftungsindividuellen Anlageziele.

Dr. Stefan Fritz

„Die Stiftungsrechtsreform ist am Ende des Tages ein Gamechanger, denn was Stiftungen durch die Thematik der Umschichtungsrücklage gewinnen, das ist Flexibilität.“
(Dr. Stefan Fritz, Geschäftsführer Bischof Arbeo-Stiftung)

Aber an den 46 Stiftungsaufsichten wurde nicht gerüttelt.

Dr. Stefan Fritz: Naja, das ist eine schwierige Situation. Es steht zu vermuten, dass die neuen Regelungen auch wieder erst einmal sehr unterschiedlich gehandhabt werden. So ist jedenfalls aus dem Beraterumfeld zu hören. Allerdings wird hier die Zeit sicherlich zeigen, dass die neuen Regelungen auch sukzessive Einzug halten.

Immo Gatzweiler: Das ist auch meine Hoffnung. Die Umschichtungsrücklage wird auch für mich das Spiel im Stiftungsvermögen ganz ordentlich verändern. Denn das mit dem Nullzins ist ein alter Hut, habe ich auf der anderen Seite aber ein Töpfchen mit Umschichtungserlösen, aus dem ich für den Stiftungszweck etwas entnehmen kann, dann gibt mir das doch Möglichkeiten an die Hand, und so würde ich die Stiftungsrechtsreform auch interpretieren. Sie weitet den Strauß an Möglichkeiten, den Stiftungen in der Kapitalanlage verfügbar haben, aber das ist auch wichtig angesichts des Umfelds, mit dem wir konfrontiert sind. Vor allem müssen wir die Zeichen der Zeit auch lesen. In den letzten Jahren waren bspw. mit Technologieunternehmen enorme Kurszuwächse möglich, während Dividendenaktien zwar Dividenden zahlten, aber kursseitig schwächelten. Hier darf sich eine Stiftung nun die Frage stellen, ob sie im Stiftungsvermögen nicht auch mit einer gewissen Portion in Richtung Kursgewinn optiert.

Aber sind Technologieaktien auch „Stiftungsaktien“?

Immo Gatzweiler: Naja, es geht im Stiftungsvermögen ja um Erträge, um eine Basis für Erträge. Technologieunternehmen können hier einen Beitrag leisten, weil sie Firmenwachstum in steigende Aktienkurse ummünzen, da Anleger für dieses Wachstum bereit sind, einen Bewertungsaufschlag zu gewähren. Bezogen auf eine breite Diversifikation gehört dieser Faktor Wachstum langfristig immer ins Portfolio, denn er liefert vielleicht nur in 8 von 10 Jahren, in diesen 8 Jahren aber richtig, womit eine Basis gelegt werden kann, diese Kursgewinne zu Teilen auch dem Stiftungszweck zuführen zu können. Die Aktie ist ja in sich keine homogene Anlageklasse, es gibt im Aktienmarkt so viele Schattierungen, es wäre in meinen Augen im jetzigen Umfeld ein Fehler, das nicht zu nutzen.

Immo Gatzweiler

„Als Stiftung muss ich mir hier ehrliche Fragen stellen, ob historische Allokationen noch in diese aktuelle Zeit passen.“
(Immo Gatzweiler, Stiftungsexperte AXA Investment Managers)

Diversifikation heißt aber andererseits auch, nicht nur Anleihen und Aktien zu mischen, diesen Fehler machen ja viele Anleger, dass sie auf zu wenige Anlageklassen setzen. Wie sollte das im Stiftungsvermögen aussehen?

Immo Gatzweiler: Ich darf bei der Asset Allocation nicht dogmatisch vorgehen getreu dem Motto „Das haben wir immer so gemacht“. Was heute, im Jahr 2022 anders ist, das sind die Inflationsgefahren, die real sind. Bis vor zwei Jahren hatten wir zwar Nullzinsen, aber eben auch null Teuerung. Jetzt haben wir Nullzinsen und in den USA 7% Inflation, hierzulande 3% Inflation, das heißt übersetzt realer Kapitalverzehr, dieses Umfeld braucht eine breitere Diversifikation. Als Stiftung muss ich mir hier ehrliche Fragen stellen, ob historische Allokationen noch in diese aktuelle Zeit passen. Blicken wir doch mal 5, 6 Jahre voraus. Bleibt die Inflation bei 3 oder 4 oder 5% pro Jahr, und bleibe ich als Stiftung bei meiner Anleihe-lastigen Allokation, dann wird der Stiftungszweck in 5, 6 Jahren so wie bisher auf keinen Fall mehr aufrecht zu erhalten sein. Das Ganze wird noch problematischer, wenn auch im Projekt eine gewisse Inflation drinsteckt, etwa in Nahrungsmittel-Projekten, dann reicht es ja dreimal nicht mehr, wenn ich nur nullverzinste Anleihen im Depot habe.

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Lässt sich sagen, dass die stiftungsimmenente Finanzkraft durch die Inflation nachhaltig geschädigt wird und welche Rote Linien ziehe ich als Stiftung hier dann ein?

Petra Träg: Die roten Linien zieht man ja schon länger ein, aber die jetzige Inflation  rüttelt die Leute, auch Stiftungsverantwortliche, einfach wach. Wer die EZB-Verlautbarungen seit Jahren liest, weiß, dass da von einem Inflationsziel von 2% p.a. gesprochen wird, das bedeutet nach 10 Jahren einen Kaufkraftverlust von rund 20%. Stiftungen mussten eigentlich an diesem Punkt schon die rote Linie ziehen. Wenn ich 2% Inflation habe und 2% Nominalzins bekomme, bleibt real nichts übrig. Sofern nicht zusätzlich noch Kursgewinne realisiert werden, bleibt nichts übrig, um die Leistungsfähigkeit der Stiftung zu erhalten. Der reale Kapitalerhalt  ist mit einer so zentrierten Anlagepolitik einfach nicht mehr zu schaffen. Aktien- und Sachwertquoten waren damit seit Jahren ein großes Thema in Stiftungen, die sich damit intensiv beschäftigt haben. Bei manchen Stiftungen wird diese Verschiebung hin zu Sachwerten aber eben erst jetzt stattfinden.

Petra Träg

„Stiftungen haben sich beim DAX-Stand von 10.000 Punkten nicht bewegt, jetzt müssen sie sich beim DAX-Stand von knapp 16.000 Punkten bewegen.“
(Petra Träg, Geschäftsführerin SOS-Kinderdorf-Stiftung)

Sind diese Spätstarter unter den Stiftungen nicht eigentlich doppelt gekniffen? Umsetzungsseitig, und auch von den Bewertungen her? Sie schichten ja jetzt um in Zeiten, in denen alles teuer scheint.

Petra Träg: Ja, das dürfte für einige schwierig werden. , denn  Stiftungen die sich beim DAX-Stand von 10.000 Punkten nicht getraut haben in Aktien zu investieren müssen  sich beim DAX-Stand von knapp 16.000 Punkten bewegen, um noch Erträge zu erzielen. Bei den Immobilien ist es das Gleiche. Das heißt, dass die Angst vor einem kräftigen Kursrückgang  jetzt sogar noch stärker mitschwingt.

Dr. Stefan Fritz: Stiftungen sind Herdentiere, aber wir haben den Vergleich ja deutlich auf der Hand. Stiftungen, die auf institutionellem Niveau investieren können, die haben sich auf den Weg gemacht. Renditen sind ja nur eine von mehreren knappen Ressourcen. Mitarbeiter, die sich mit dem Thema Stiftungsvermögen auskennen, sind eine weitere. Was wird also passieren? Es wird einen Trend hin zum Bündeln von Stiftungsvermögen geben, davon bin ich überzeugt. Gebündelte Stiftungsvermögen haben ganz andere Zugänge zu anderen Assetklassen, und auch das Entwickeln des Themas Nachhaltigkeit würde davon profitieren. Wenn ich nur an Active Ownership denke und den Einfluss, den Stiftungen in anderen Ländern hier ausüben, um Unternehmen auf den Weg zu bringen – und damit auch Erfolg haben – dann wäre das ein großer Mehrwert aus solch einer Bündelung von Stiftungsvermögen. Um aber noch einmal auf die Diversifikation zurückzukommen: Stiftungen sollten sich mit mehr Anlageklassen befassen, ob dann jede Anlageklasse etwas für sie ist, das muss jede für sich sehen. Es ist ja auch mit jeder Anlageklasse ein Aufwand verbunden, sich mit dieser zu beschäftigen. Am Ende muss per Saldo dann schon ein Mehrwert für das Portfolio herauskommen.

Dr. Stefan Fritz

„Stiftungen, die auf institutionellem Niveau investieren können, die haben sich auf den Weg gemacht“
(Dr. Stefan Fritz, Geschäftsführer Bischof Arbeo-Stiftung)

Ist es nicht aber problematisch, wenn wir den großen Stiftungen beim Diversifizieren zuschauen, und die kleinen außen vorlassen? Das muss ja nicht mehr sein.

Immo Gatzweiler: Das stimmt genau. Ich halte es für wichtig und richtig, dass große Stiftungen wie hier am Tisch erzählen, wie sie es machen. Das gibt Anregung, das gibt Hilfe, das gibt Orientierung. Gleichzeitig lässt sich für eine 750.000 EUR-Stiftung ganz wunderbar mit Fonds eine ausreichend breite und leistungsfähige Diversifikation bewerkstelligen, hier können die Vermögensaufteilungen der Großen dann vielleicht als Blaupause dienen. Wo der Zugang schwieriger ist, das sind die so genannten Private Markets, da ist es für kleinere Stiftungen tatsächlich schwer. Hier kann ein Pooling von Stiftungen eine Lösung sein, wo dann eine Quote an Private Market-Investments fest vorgesehen sein kann. Solch ein Pooling baut also, wie schon gehört, Zugänge, aber es gibt den sich zusammenschließenden Stiftungen auch Verhandlungsmacht an die Hand. Stiftungen kommen dann an mehr Investments heran, und sie können sich auch die passenden Tranchen aussuchen, die dann zum Beispiel merklich günstiger zu bekommen sind.

Petra Träg: Beim Pooling darf ein Aspekt nicht ignoriert werden. Ein Pool besteht ja immer noch aus einzelnen Stiftungen, die wiederum bei vielen Banken aufgrund ihrer Größe als schützenswerter Privatanleger einklassifiziert werden. Mit der Folge, dass sie bestimmte Dinge gar nicht kaufen darf. Machen wir es mal konkret: Anleihen, bei denen der Emittent das Recht hat, ein Jahr vor dem regulären Auslaufen der Anleihe das Papier zurückzukaufen, gelten aufgrund der Regulatorik der BaFin als Finanzinnovation und dürfen vom Privatanleger – und somit von der als Privatanleger einkategorisierten Stiftung -nicht mehr gekauft werden. Da bleib dann nicht mehr viel im Euroanleihensegment und das ist für viele Stiftungen durchaus problematisch.

Stiftungsexperten finden

Wenn wir nochmal über Anlageklassen nachdenken, die stiftungsspannend sein könnten, dann landet man im Hier und Jetzt auch beim Thema BitCoin. Ist das eine stiftungsgeeignete Anlageklasse oder nicht?

Immo Gatzweiler: Ich kann mich noch erinnern, als ich mal zum Essen eingeladen wurde und ein Gastgeber unsere Pizzen mit Ethereum bezahlte. Damals lag der BitCoin bei rund 100 Dollar von Preis her. Ich war immer skeptisch bei BitCoin und Co., merke aber, dass die Diskussion rund um Kryptowährungen eine andere Qualität bekommt. Aus Stiftungssicht wäre es für mich wenn dann erstmal eine klitzekleine Beimischung, aber nicht als Cashalternative sondern eben als Teil der Quote für Alternative Investments. Allerdings muss immer der Abgleich vorgenommen werden, ob ich eine ausreichend große Wertentwicklung ausgehend vom Hier und Jetzt erwarte, damit ich eine etwaige Änderung der Anlagerichtlinie und Anpassung der Depotinfrastruktur rechtfertigen kann.

Dr. Stefan Fritz: Die Frage nach der Kryptowährung als stiftungsgeeignetes Investment ist eine, die uns durchaus auch umtreibt, aber wir haben sie für uns derzeit so beantwortet, dass wir hier eine Stiftungseignung nicht ableiten können. Auch weil wir alle nicht so richtig beurteilen können, was macht ein BitCoin, wenn dieses oder jenes geschieht. Wie reagiert der BitCoin auf eine Zinserhöhung der FED? Wir wissen es nicht. Bei Anleihen, Aktien, Gold, Immobilien, Infrastruktur, können wir das, da haben wir Erfahrungswerte. Und aus dieser Sicht heraus passt ein Kryptoinvestment noch nicht in unsere Anlagestruktur.

Petra Träg

„Schauen Sie sich doch mal die letzten 100 Jahre an. Mit der Anlagerichtlinie von 1922 wäre man sicherlich mindestens einmal richtig ausgeknockt worden, eine Stiftung wäre damit nicht bis heute gekommen.“
(Petra Träg, Geschäftsführerin SOS-Kinderdorf-Stiftung)

Gibt es eigentlich vor dem Hintergrund eines immer komplexeren Anlageumfelds noch Gründe, keine Anlagerichtlinie zu haben?

Petra Träg: Für mich nicht. Es ist ja nicht so, dass eine Anlagerichtlinie für alle Ewigkeit gilt. Sie muss atmen und wenn sich die Rahmenparameter geändert haben, dann muss sich auch die Kapitalanlage ändern – und damit eben auch die Anlagerichtlinie angepaßt werden. Schauen Sie sich doch mal die letzten 100 Jahre an. Mit der Anlagerichtlinie von 1922 (Mündelsicherheitspflicht) wäre man mindestens einmal richtig ausgeknockt worden, eine Stiftung wäre damit mit einem reinen Anleiheportfolio nicht bis heute gekommen, weil ihr Vermögen wertlos geworden wäre. Keiner weiß, was in den nächsten 100 Jahren alles passiert. Insofern gibt es keinen vernünftigen Grund, warum eine Stiftung keine Anlagerichtlinien haben sollte. Die Anlagerichtlinie hilft den Stiftungsvorständen ja, zu begründen, warum diese oder jene Anlageentscheidung so getroffen wurde. Wenn ich mir kleinere Stiftungen anschaue, dann sind viele extrem engagiert auf der Ausgabenseite bei der Satzungszweckerfüllung, aber bei der Vermögensbewirtschaftung für die Einnahmeseite ist   Unsicherheit und zum Teil auch Unwissenheit vorhanden.

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Woran wir alle arbeiten müssen.

Dr. Stefan Fritz: Es gibt in meinen Augen zu wenige Beispiele, wie so eine Anlagerichtlinie aussehen könnte, ich glaube, dass da viele Stiftungen dran scheitern. Sie tun sich einfach schwer, eine aufzustellen, die sich dann auch im Tagesgeschäft umsetzen lässt.

Immo Gatzweiler: Drehen wir den Blick doch mal um. Stellen Sie sich mal vor, wir würden auf einen Fondsprospekt schreiben, das hier ist ein Aktienfonds. Keiner würde das kaufen, keiner würde das greifen können. Eine Anlagerichtlinie hilft Stiftungen, Ängste zu überwinden, und sich auch in einzelne Anlageklassen reinzutasten. Die Aktienquote aufbauen? Na klar, kein Problem, dann fange ich bei 10% an und steigere das dann, ich kann so meine Erfahrungen machen und die Anlagerichtlinie damit einhergehend atmen lassen.

Immo Gatzweiler

„Eine Anlagerichtlinie hilft Stiftungen, Ängste zu überwinden, und sich auch in einzelne Anlageklassen reinzutasten. Die Aktienquote aufbauen? Na klar, kein Problem, dann fange ich bei 10% an und steigere das dann.“
(Immo Gatzweiler, Stiftungsexperte AXA Investment Managers)

Wenn wir nun wissen, dass Mitte 2023 die Stiftungsrechtsreform in Kraft tritt, welche Hausaufgaben haben Stiftungen dann bis dahin zu tun. Vielleicht hat noch jeder eine kleine Hausaufgabe für Stiftungs­verant­wortliche im Köcher?

Petra Träg: Eine in Bayern sitzende Stiftung kann sich dahingehend prüfen, ob es die alte Regelung zu den Umschichtungserträgen noch braucht. Mit der neuen Regelung ist eine solche obsolet.

Dr. Stefan Fritz: Was wir uns anschauen, ist der Komplex Nachhaltigkeit. Neben Rendite-Risiko-Erwägungen interessiert uns hier vor allem das Thema Governance und auch Einflussnahme. Diesbezüglich haben wir noch nicht alles ausgeschöpft. Hier suchen wir den Dialog mit den Asset Managern, wollen deren Herangehensweise da einfach besser verstehen. Die Asset Manager müssen das authentisch liefern können.

Immo Gatzweiler: Die Anpassung des Stiftungsvermögens auch hin zu Aktien, die ist sicherlich noch lange nicht abgeschlossen, und je nachdem wie die Dinge liegen, wird sich hier in den Stiftungsvermögen Einiges tun können in nächster Zeit. Parallel ist das Thema Nachhaltigkeit eines das drängt, wir sprechen mit großen Stiftungen darüber, wie sie bis 2030 ihr Portfolio klimaneutral umbauen können, also komplett CO2-neutral. Als Hausaufgabe für Stiftungen vielleicht der Tipp an der Stelle, dass es zu einem Fonds neben dem Finanzreporting auch ein ESG- oder Engagement-Reporting gibt. Ich würde diesen mal anfragen, denn das orientiert Stiftungen zum Fondsinvestment auf einer völlig anderen Ebene.

Wunderbar, danke Ihnen Dreien für die spannende Runde und dass Sie Ihre Standpunkte zu Stiftungsrechts­reform und Stiftungsvermögen 2030 so anschaulich darlegen konnten. Alles Gute auch noch für das neue Jahr.