
Ratgeber
Die Anlagerichtlinie ist der Nukleus
4 Gedanken, was eine geeignete Anlagerichtlinie für ein Stiftungsvermögen ausmacht
Matthias Steinhauer, 5min40

Die Anlagerichtlinie ist so etwas wie das Grundgesetz für das Management des Stiftungsvermögens. Ein Anlagekonzept zu haben, ist das Eine, es in eine Anlagerichtlinie zu übersetzen das Andere. Dass Anlagerichtlinien eine Präambel brauchen, ist mittlerweile Standard, hierbei wird der Kontext zum aktuellen Umfeld hergestellt, der dann auch für künftiges Anpassen entsprechend wichtig ist. Aber das ist nur der Einstieg, wichtig wird dann das Ausgestalten der Anlageregularien, eben der Anlagerichtlinien.
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Die Sorgfalt verlangt eine Anlagerichtlinie
Es dürften vier Punkte ganz wesentlich sein, die in eine Anlagerichtlinie gehören, bzw. die beim Ausarbeiten einer Anlagerichtlinie in Augenschein genommen werden sollten, ja eigentlich müssen. Denn Abschreiben ist heute keine Option mehr, dies entspricht nicht der Sorgfalt bzw. erfüllt die Sorgfaltspflichten nur mehr zum Teil. Stiftungsgremien müssen sich eingehend mit dem Anlagekonzept befassen, und sie müssen sich eingehend mit der Übersetzung dessen in eine Anlagerichtlinie befassen. Denn das Stiftungsvermögen zu managen, ist heute eine Aufgabe, die akzeptieren muss, dass das Umfeld ein komplexes ist, dass externe Expertise zur gut fundierten Entscheidung gehört und dass eine Anlagerichtlinie ein intergenerationelles Werkzeug zum Erhalt der wirtschaftlichen Schaffenskraft einer jeden Stiftung ist. In der Praxis heißt das nun das Folgende:
- Anlagerichtlinien sollen dem Vorstand einer Stiftung gut sichtbare Navigationshilfen sein und ihn in einem sicheren Fahrwasser durchs umgebende Gewässer führen. Dabei soll den Akteuren genügend Spielraum für eigene – bzw. idealerweise mit einem Fachkundigen abgestimmte – Investitionsentscheidungen gegeben werden, jedoch ohne Interpretationsbedarf zu eröffnen. Das bedeutet:
- Auf schwammige Begriffe wie „konservative“ oder „renditeorientierte“ oder „wachstumsstarke“ Anlagen wird verzichtet.
- Wenn mit „konservativ“ Anleihen gemeint sind, dann wird dokumentiert, welche prozentuale Mindestinvestition in Anleihen vorliegen soll. In diesem Zusammenhang mag es sinnvoll sein, zugleich Mindestratings zu hinterlegen. Ratings mögen zwischenzeitlich auch mal in Verruf gekommen sein, aber sich daran zu orientieren, ist besser als keine Orientierung.
- Wenn mit „renditeorientierten“ Anlagen auch Aktien gemeint sein sollen, die eine höhere Dividendenrendite aufweisen als der Marktdurchschnitt, dann soll das so benannt werden.
- Wenn unter „wachstumsstarken“ Anlagen Aktien verstanden werden sollen, dann soll auch dieser Begriff so verwendet werden.
- Das sind die hauptsächlichen Stellschrauben, mit denen maßgeblich die Rendite gesteuert wird. Aus Sicherheitsgründen kann ergänzt werden, ob – und zu welchem Zweck (!) – Termingeschäfte erlaubt sind und in welchen Währungen das Stiftungskapital angelegt werden soll.
- Idealerweise werden die Anlagerichtlinien mit der Benennung eines professionellen Vermögensverwalters, der sie ausfüllen soll, eröffnet. Damit handelt der in den meisten Fällen in diesem Metier nicht ausgebildete Vorstand verantwortlich gegenüber der Stiftung und begrenzt zudem wirksam seine eigenen Haftungsrisiken.
Zusammengefasst
Die Anlagerichtlinie heute auf der Höhe der Zeit zu verfassen, ist kein Hexenwerk. Eine heute verfasste Anlagerichtlinie dürfte aber gänzlich anders aussehen als noch vor 10 oder 20 Jahren, weshalb sich Abschreiben schon aus Sorgfaltsgründen heraus eher weniger bis gar nicht empfiehlt. Eine Anlagerichtlinie beinhaltet stattdessen jene Eckpfeiler, auf denen das Managen des Kapitalstocks einer Stiftung fußt, und gibt den Stiftungsakteuren jenen Ermessensspielraum an die Hand, den es braucht, um Stiftungsvermögen auf der Höhe der Zeit zu betreuen. Heute und in Zukunft ohne Anlagerichtlinie in der Kapitalanlage einer Stiftung zu agieren, kommt dem Bild gleich, ohne Kompass ein Schiff durch den Nebel zu steuern. Das kann funktionieren, aber mit ist immer besser.