Ratgeber
Die 4,3,2,1-Methode
Wie kleinere Stiftungsvermögen systematisch und einfach angelegt werden könnten
Tobias Karow, t.karow@stiftungsmarktplatz.eu, Lesezeit: 4min36, Bilder: www.fondsfibel.de, FondsFibel 2022
Immer wenn es heißt, Stiftungsvermögen müsste so oder so angelegt werden, wird das Wort Stiftungsvermögen für alle gut 24.000 gemeinnützigen Stiftungen in Deutschland verwendet. Allerdings ist Stiftungsvermögen eben nicht gleich Stiftungsvermögen, ein guter Teil der deutschen Stiftungen verfügt über kaum mehr als 500.000 EUR – die aber auch angelegt werden müssen. Die 4,3,2,1-Methode hilft hier vielleicht weiter.
Man sollte alles so einfach wie möglich machen, aber auf gar keinen Fall einfacher. Dieses bekannte Zitat stammt von Albert Einstein, und könnte auch so etwas sein wie eine Blaupause für das Zusammenstellen des Fondsportfolios einer Stiftung. Denn sich hierbei zu sehr zu verkopfen, das hilft in den meisten Fällen nur wenig weiter, sich stattdessen aber 4 Fonds auszusuchen und zu kaufen, das ist für keinen Stiftungsvorstand eine Hürde. Die Frage die sich letztlich stellt ist ja jene nach den stiftungsindividuellen Zielen, und auch diese lässt sich rasch beantworten. Wie viel ordentlichen Ertrag brauche ich? Wie viel davon geht für Verwaltung „drauf“? Welchen Betrag muss ich für Projekte bzw. Destinatäre auf jeden Fall verdienen? Schaffe ich das mit meiner bisherigen Aufstellung?
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Bei 3% Ausschüttungsziel helfen 2% Ausschüttung trotzdem weiter
Diese Fragen sind einfach, sie lassen sich rasch beantworten, sie verlangen aber auch ein bisschen Reflektion vom Stiftungsverantwortlichen. Gehen wir mal von 3% aus, die eine Stiftung als ordentlichen Ertrag braucht, dann ist das mit vier ganz konservativen Stiftungsfonds kaum mehr zu schaffen, denn kaum einer reißt die 3%-Hürde bei den Ausschüttungen noch. Und mit 3% ist es ja nicht getan, einen Schnaps obendrauf braucht es ja auch noch für die Verwaltung der Stiftung, dies lässt sich ohne Aufwendungen kaum gestalten. Das 3%-Ziel ist also die Messlatte, da helfen Fonds mit weniger als 3% Ausschüttung nur dann weiter, wenn ich sie richtig mit anderen zusammenstelle. Es hilft mir als Stiftung in diesem Fall allerdings eher nicht, die Lücke zwischen ordentlichem Ertrag und Liquiditätsbedarf kurzfristig mit etwaigen Umschichtungserlösen zu füllen.
Ausschüttungen sollten das Gerüst des Ausgabengerüsts sein
Einmal verzettelt sich eine Stiftung beim Umschichten gerne mal, so ihren Verantwortlichen die Erfahrung fehlt, zum anderen heißt Umschichtungsertrag ja nicht, dass ich für meine Stiftung keine ordentlichen Erträge mehr brauche, denn diese sind die Basis für das Ausgabengerüst einer jeden Stiftung (zumindest vertreten wir diese Meinung an dieser Stelle). Zum dritten braucht es für regelmäßige Umschichtungserlöse, so diese die Basis für die Liquiditätsausstattung sein soll, eine andere Art von Fonds im Fondsportfolio einer Stiftung, mit klassischen Stiftungsfonds auf Umschichtungserlöse „zu gehen“, das wäre in etwa so wie mit Straßenschuhen in die Eisdisco zu gehen. Das Ausrutschen wäre hier vorprogrammiert.
Die 4-3-2-1-Methode kann Stiftungsverantwortlichen als Inspiration dienen, ein Fondsportfolio einfach zusammenzustellen.
3% Ausschüttungsziel und die 4-3-2-1-Methode
Also, bleiben wir bei unserem Ausschüttungsziel von 3%, bei einem Stiftungsvermögen von 500.000 EUR und dem Wunsch, den Stiftungsstocks jedes Jahr n‘ bisschen mehr gegen die Inflation zu wappnen. Dann würde dies bezogen auf die 4-3-2-1-Methode bedeuten, dass ich mit der dahinterliegenden Fondsauswahl nicht ganz hinkomme. Denn 4-3-2-1 leitet sich aus den ordentlichen Erträgen der jeweiligen Fonds ab, ich wähle einen Fonds mit 4% ordentlichen Ertrag, einen mit 3%, einen mit 2% und einen mit 1% ordentlichen Erträgen aus und baue diese vier Fonds zu einem gleichgewichteten Fondsportfolio zusammen. Was heißt gleichgewichtet? Jeder Fonds bekommt ein Anfangsgewicht von 25%, nach dem Ende einer Anlageperiode (das kann ein Jahr sein, oder auch zwei), wird „rebalanced“, also das Ausgangsgewicht von jeweils 25% wieder hergestellt.
Stiftungsvorstände agieren mit 4-3-2-1 methodisch
Was macht ein solches Fondsportfolio mit dem Stiftungsvorstand? Er kann einmal erklären, dass er methodisch vorgegangen ist, dass er ausgehend vom Liquiditätsziel der Stiftung, das auf einer Liquiditätsplanung für das kommende Jahr beruht, ein Fondsportfolio mit vier Fonds zusammengestellt hat. Diese vier Fonds sind gleichgewichtet, die sachgerechte Entscheidung zum jeweiligen Fonds ist auf Basis eines einheitlichen Informationsbesatzes getroffen worden, der Stiftungsvorstand könnte das dokumentieren. Nicht zuletzt würde der Stiftungsvorstand in die Lage versetzt, auf Basis der Ausschüttungsdaten der Fonds (gerne auch zusammengetragen aus der #fondsfibel-Ausschüttungsdatenbank) zu erläutern, dass das Stiftungsvermögen exakt jene dienende Funktion wieder innehätte, die es zuletzt durch die stetig rückläufigen Erträge kaum noch mit Inhalt füllen konnte.
Die Lücke schließen, mit Stiftungsfonds?
Mathematisch reicht das Zusammenstellen eines Fondsportfolio über die 4-3-2-1-Methode aber noch nicht, um das Ausschüttungsziel von 3% zu schaffen. Denn aus dem 4%er erhalten Stiftungen 5.000 EUR an ordentlichen Erträgen im Kalenderjahr (bezogen auf 500.000 EUR werden in diesen Fonds 125.000 EUR investiert, hier 4% ordentlicher Ertrag sind 5.000 EUR), vom 3%er gibt es deren 3.750 EUR, der 2% steuert noch 2.500 EUR und der 1%er nur mehr 1.250 EUR zum Ertragstopf bei. Zählen wir das zusammen, kommen wir auf deren 12.500 EUR an ordentlichen Erträgen, womit bei 500.000 EUR Stiftungsvermögen bei 3% Ziel für die ordentlichen Erträge noch 2.500 EUR fehlen. Die 4-3-2-1-Methode liefert also „nur“ 2,5% an ordentlichen Erträgen, die Stiftung muss also nochmal ran.
Zwei kleine Maßnahmen bringen das Stiftungsvermögen auf Kurs
Ihre Alternativen sind aber recht einfach, und uns geht es hier nur darum, Wege aufzuzeigen, an solch eine Punkt nicht die Flinte ins Korn zu werfen und einen nachvollziehbaren Weg – nachvollziehbar für die Stiftungsgremien wie für die Stiftungsaufsichten – gehen zu können. Statt des einen 2%ers könnte eine Stiftung einen 3%er in das Stiftungsportfolio einbauen, statt des 1%ers einen 2%er, schon wäre die Lücke geschlossen und bezogen auf die 500.000 EUR Gesamt-Stiftungsvermögen das Ziel für den ordentlichen Ertrag erreicht. Die gezeigte Handlungsoption bestünde immer, vorbereitend sollte eine Stiftung sich für die jeweils notwendigen Ausschüttungsprofile einen Fonds A und einen Fonds B suchen, so dass sie, so ihr die 2,5% an ordentlichem Ertrag nicht reichen, changieren kann.
Sind 3% Ausschüttung nicht zu ambitioniert?
Jetzt werden einige Stiftungsvorstände sagen, dass es nicht glaubwürdig ist, in Zeiten von Nullzins und Verwahrentgelten noch von 2,5 oder 3% ordentlichen Erträgen zu schwadronieren. Dem würden wir entgegenhalten, dass es nicht dem Pflichtenkatalog eines Stiftungsverantwortlichen entspricht, ein höheres Ertragsgebirge nicht zumindest versuchen zu erreichen. Letztlich gibt die 4-3-2-1-Methode Stiftungsvorständen eine Idee an die Hand, wie sie ausgehend von ihrer bisherigen Fonds- oder Vermögensallokation im Hier und Jetzt agieren können, ohne sich völlig in der Komplexität der Kapitalmärkte und ihrer Rahmenparameter zu verlieren. Zudem lassen sich zu den vier (Ausschüttungs)kategorien der 4-3-2-1-Methode recht einfach jeweils zwei Fonds finden, schon der #fondsfibel-Club der 25 gibt hier auf einen Blick einige Anregungen.
4-3-2-1-Plus-Methode
Es gibt nach wie vor Fonds, die um die 4% ausschütten, aber sie sind ob des Bewegungsprofils ihres Fondsanteilspreises nicht gänzlich die eierlegende Wollmilchsau. Es gibt genügend Fonds, die 2% ausschütten, und es gibt auch die 1%er, die eben sehr bedacht, sehr vermögensverwaltend, sehr konservativ agieren und sich damit sehr gut für das Ausdiversifizieren der Fondsallokation einer Stiftung eignen. Und natürlich: Die neuen stiftungsrechtlichen Regelungen geben einer Stiftung auch die Möglichkeit an die Hand, aus der 4-3-2-1-Methode die 4-3-2-1-Plus-Methode zu machen, indem sie die vier Fonds, die nach dem Kriterium ordentlicher Ertrag ausgewählt werden, nur mit jeweils 20% zu gewichten, um dann einen thesaurierenden Baustein mit einzubauen.
Performance boostert künftig die Ausgabenseite
Dieser liefert dann Performance pur, vielleicht nicht in jedem Jahr aber in einer überwiegenden Mehrzahl der Jahre, und einen kleinen Teil davon knapse ich mir dann ab, um meinen Liquiditätsplan zu boostern. Gewichtet mit 20%, also einem Fünftel, kommt der Stiftungsvorstand zudem noch besser dem Diversifikationsgebot nach, die Fondsallokation gewinnt also und das „Wir warten mal ab“ verliert noch mehr als Argumentationsgrundlage. Ein gut und methodisch diversifiziertes Fondsportfolio wird die Aufgabenstellung der Stiftungsverantwortlichen, das Stiftungsvermögen zu verwalten, definitiv befördern und auf diese Weise mögliche haftungsseitige Unwägbarkeiten noch weiter reduzieren. Denn ein diversifiziertes Fondsportfolio, das einfach nachvollziehbar aus einem überschaubaren Universum von (stiftungsspezifisch analysierten) Fonds zusammengestellt wird, dürfte auf jeden Fall zum Wohle der Stiftung sein. Und damit sind Stiftungsverantwortliche heute bereits dort, wo der der stiftungsrechtliche Rahmen sie ab Mitte 2023 sehen will.
Zusammengefasst
Das Zusammenstellen eines Fondsportfolios für eine Stiftung lässt sich recht einfach vom Ergebnis her denken. Wenn es 3% Ausschüttung sein sollten, dann braucht es eine Mischung von Fonds, die eben noch in der Lage sind, im Schnitt die 3% möglich zu machen, und hier muss es dann schon fast der Income-Fonds im Mix mit einem Stiftungsfonds, einem ausschüttungsorientierten Aktienfonds sowie einem nicht oder nur gering korrelierten Fondsbaustein sein. Die 4-3-2-1-Methode klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas trivial, aber sie vereinfacht das Zusammenstellen eines Fondsportfolios zunächst, und gibt dazu einen methodischen Rahmen an die Hand, entlang des Ausschüttungsziels mit den Ausschüttungsparametern einzelner Fonds etwas „herumzuprobieren“. Einfacher jedoch, fürchten wir, wird es dann doch nicht mehr werden. D’accord, würde Einstein sagen.