
Investieren wie Swensen
Stiftungsvermögen und der Datenhaushalt
Warum David Swensen so viel Wert auf Investment Controlling legte
Martin Friedrich, Lansdowne Partners Austria, 6min40

Die Buchhaltung ist traditionell ein dröges Thema. In Verbindung mit Asset Management jedoch ergeben sich unerwartete Perspektiven. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass sich die Diskussion mit Vermögenseignern vor Investitionsstart häufig ausschließlich auf die Risiken beschränkt. Ex-Post hingegen wird nur dem Ertrag Aufmerksamkeit geschenkt: Das heißt, es wird erneut nur eine Zahl, die Rendite, betrachtet, ohne das Risiko zu berücksichtigen, welches zu ihrer Erzielung eingegangen wurde. Investment Profis hingegen erfassen Risiko und Rendite im ganzheitlichen Kontext. Darüber hinaus kann die Arbeit eines guten Investmentcontrollers zusätzliche tiefe Einsichten in die Arbeit des Investmentteams liefern. Zeit, dass Stiftungen ihr Investment Controlling auf Vordermann bringen.
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Es ist eine Frage, die sich David Swensen stellte, und die sich Stiftungsverantwortliche heute stellen sollten. Lohnt es sich überhaupt, die Wertentwicklung der Vergangenheit zu verstehen, wenn sie doch, wie in Risikohinweisen gebetsmühlenartig wiederholt wird, keinen Hinweis auf die Zukunft gibt? Unsere Antwort lautet „ja“, und wir sind überzeugt, dass fast jede (jeder) durch forensische Vermögensbuchhaltung zu einem besseren Anleger werden kann. Im Folgenden möchten wir daher a) einige Grundsätze der Performancemessung darlegen, b) unseren eigenen Ansatz erläutern, um eine Fallstudie aus der Praxis zu liefern, und c) Hinweise auf verborgene Falltüren geben.
Stiftungsvermögen zu steuern heißt, Leistungszahlen zu kennen
Es liegt in der menschlichen Natur, einfache Dinge zu lieben. Die Disziplin des Investment Controlling läuft dieser Intuition zuwider. Es nimmt eine einzige Zahl –die Gesamtrendite – und zerlegt sie in viele Komponenten. Das erhöht die Komplexität, gibt aber wertvolle Informationen über die Qualität der Entscheidungsfindung im Investitionsprozess. Wie Peter Drucker einmal sagte: Man kann schließlich nur Dinge steuern, welche man zuvor gemessen hat. Diese Erkenntnis aus der Theorie der Unternehmensführung hat besondere Relevanz für Anleger. Und zwar auf drei Ebenen:
- Investment Controlling schafft Verständnis für das Zusammenspiel von Risiko und Ertrag. Die erste Aufgabe des Controllers ist es, gemeinsam mit dem Chief Investment Officer (CIO) ex-ante einen relevanten Vergleichsmaßstab für das Vermögen zu definieren und ex-post die Ergebnisse in Bezug auf Ertrag UND Risiko zu beurteilen.
- Zweitens führt das Investment Controlling Wertbeitragsanalysen durch, welche die Qualität der getroffenen Investmententscheidungen transparent machen. Hierbei müssen die Dimensionen der Analyse vom Investmentteam und dem Controller im vornehinein gemeinsam festgelegt werden. Dies ich wichtig, denn: Die errechneten Leistungsindikatoren müssen ausreichende Relevanz besitzen, um irgendwann in konkreten Investmententscheidungen umgesetzt zu werden.
- Auf einer dritten Ebene sollte die gesamte Wertschöpfungskette auf Zielkonflikte zwischen dem Vermögensträger und den ausführenden Organen untersucht werden. Ein guter Controller kann dazu beitragen, dass Interessenkonflikte vermieden oder durch intelligente Steuerung der Anreize zumindest entschärft werden.
Controlling als Basis für gute Anlageergebnisse
Wer diese Grundsätze befolgt, wird mit besseren Renditen bei jedem gegebenen Risiko belohnt. Um zu illustrieren, wie sich auch David Swensen mit seinem Portfolio auseinandergesetzt hat, schauen wir als Referenz auf ein von uns verwaltetes Portfolio. Es zielt auf ein sehr einfaches Risikomaß ab: Die Volatilität. Nach Festlegen dieser Kennzahl maximiert unser Anlageprozess den Ertrag durch eine Reihe von Schritten, die als strategische Allokation, taktische Allokation, Managerauswahl und Overlay bezeichnet werden. Uns geht es aber hier nicht um diesen Prozess, sondern nur um seine Ergebnisse. Die erste wichtige Erkenntnis des Investment-Controllings ist, dass in dem von uns gewählten Zeithorizont – 5 Jahre – eine Überperformance mit einer geringeren Volatilität im Vergleich zur Benchmark erzielt wurde.
Dass das zur Leistungsmessung eingesetzte System zwingend im Einklang mit dem Anlageprozess stehen muss, erläutert die Abbildung. Unser Gesamtergebnis kann damit den einzelnen von uns durchgeführten Aktivitäten zugeordnet werden. Es ist darüber hinaus möglich, die dargestellten Komponenten weiter aufzuschlüsseln, indem sie auf Anlageklassen, Unteranlageklassen und schließlich einzelne Positionen verteilt werden. Swensen hat die Aufschlüsselung der Ertragsbestandteile auf seinem Weg auch so vorgenommen, er wollte wissen, woher die Erträge stammen – um passgenau und entlang der strategischen Idee nachsteuern zu können.

Zahlen für den Zeitraum 31.3.2020 bis 31.3.2025
Hinweis: Die frühere Wertentwicklung lässt nicht auf zukünftige Renditen schließen. Verschiedene Anteilsklassen können unterschiedliche Gebühren und Kosten haben (siehe Prospekt). Darüber hinaus können Provisionen, Gebühren und andere von Dritten erhobene Kosten die Erträge mindern.
Überlegung für die Stiftungspraxis
Abschließend sei noch auf einige Fallstricke hingewiesen. Wie so oft im Leben, steckt auch hier der Teufel im Detail.
- Denken Sie vor allem an Ihre Daten. Die Qualität der verarbeiteten Informationen ist für die Aussagekraft Ihrer Analyse allesentscheidend. In den meisten Bankberichten finden Sie zum Beispiel wenig mehr als eine Aufschlüsselung nach geografischen Aspekten und Währungen. Wenn Sie über Fonds investieren, ist dies in der Regel bedeutungslos, da beides nichts mit den zugrunde liegenden wirtschaftlichen Engagements des Portfolios zu tun hat. Daher ist eine Durchsicht erforderlich, oder in Ermangelung dessen eine einheitliche Kennzeichnung und Kategorisierung der Engagements auf Instrumentenebene.
- Messen Sie nicht, was Sie nicht managen können. Ein Blick auf die Abbildung zeigt, was hier nicht gemessen wird. Wir betrachten zum Beispiel keine Faktor-Zerlegung. Ebenso verfolgen wir unsere Sektorallokation nicht. Der Grund dafür ist einfach: Unser Anlageprozess ist nicht auf diese Weise aufgebaut. Solche Informationen können also theoretisch interessant sein, sie liefern jedoch keine investmentrelevanten Erkenntnisse.
- Wählen Sie Ihre Risikokennzahlen mit Bedacht, sehen Sie generell von rückwärtsgerichteten Kennzahlen ab, insbesondere, wenn sie über zu kurze Zeiträume eingesetzt werden. Die Steuerung des Risikos auf der Grundlage von zwischenzeitlichen Verlusten oder des Value-at-Risk Indikatoren hat allzu viele Anleger dazu gezwungen, Verluste zu höchst unvorteilhaften Zeitpunkten zu realisieren. Bei der Berechnung historischer Risikomaße sollte auf einer ausreichend langen Perspektive aufgesetzt werden. Ebenso empfiehlt es sich, vorausblickend überbewertete Kapitalmarktsegment allokativ zu reduzieren.
Zusammengefasst
David Swensen hat sich nicht nur mit Asset Manager Selection und Asset Allocation intensiv befasst, er hat auch auf den Aufbau des Investment Controllings viel Zeit verwandt. Er wusste, dass ohne Datenhaushalt zum Stiftungsvermögen ein Steuern entlang der strategischen Vorgabe kaum vorgenommen werden kann. Er wusste, dass zum Portfolioerfolg eine größtmögliche Portfoliowahrheit gehört, die sich aus dem Datenhaushalt herauslesen lässt. Investment Controlling ist aber daneben für Stiftungsverantwortliche auch Sorgfaltsbaustein. Die neue Sorgfalt, so wir sie so nennen möchten, verlangt dezidiert, sich mit der Vermögenssphäre sorgfältig auseinanderzusetzen. Strategie und deren Umsetzung sind dabei das Eine, sachgerechtes Controlling das Andere. Es ist wie beim Segeln im Nebel. Ohne kontinuierlichen Blick auf den Kompass geht es nicht.
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