Für Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds war 2020 sicherlich eines, wenn nicht das herausfordernste der letzten 15 oder 20 Jahre. Als im März 2020 die Börsen in den Tiefflug übergingen, zeigte sich schnell, wo der Bartel den Most holt – und das Stiftungsvermögen künftig auf keinen Fall mehr auf nur einem Bein stehen sollte. Denn weder wird eine Stiftung künftig nur mit Anleihen ihre Ziele erreichen, noch mit nur einer Strategie oder einer starren Allokation. Denn cum Corona und cum Niedrigzins ist einfach nicht mehr die Welt dieselbe, umso wichtiger ist die eigene Linie, die Girardelli-Linie.
Von Tobias M Karow, t.karow@stiftungsmarktplatz.eu, Lesezeit: 12min26
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Steht eine Stiftung heute vor der Aufgabe, ihr Stiftungsvermögen zu überprüfen, dann wird die schnell feststellen, dass der ordentliche Ertrag, so er noch überwiegend aus Anleihen stammt, nicht mehr so sprudelt wie noch vor 5 oder 10 Jahren. Natürlich spielt hier der Nullzins eine Rolle, der die Anleihekupons zusammenschmelzen ließ wie die Sonne eine Kugel Vanilleeis. Das allein ist aber eben genau auch keine Neuigkeit mehr, denn dass der Zins nahe Null entlangvegetiert, ist seit einigen Jahren auch in den Stiftungsgremien angekommen. Was der Nullzins aber mit Stiftungen macht, ist, ihre Fähigkeit zur Zweckverwirklichung zu unterminieren – und damit das Steuerprivileg anzugreifen.
Der Zins ist nicht tot,
er ist mausetot,
Podcast
NUR ANLEIHEN BRINGT STIFTUNGEN NUR PROBLEME
Der Nullzins stellt also durchaus langfristig eine Gefahr für das Stiftungsvermögen dar, denn natürlich werden die Stiftungsaufsichten an einem Punkt Fragen dahingehend stellen, wie eine Stiftung, die heute noch rein in Anleihen investiert ist, künftig in er Lage sein will, ihre Zwecke zu verwirklichen. Genau an diesem Punkt kommt nun aber die Corona-Pandemie ins Spiel. Durch die enormen Ausgabenprogramme, um die schockgefristete Wirtschaft und ihren Unternehmen mit frischer Luft zu ventilieren, werden die Zinsen auf Jahre hinaus ziemlich sicher nahe Null bleiben, auch weil sich Staaten und Unternehmen höhere Zinsen kaum mehr leisten können.
Bleibt der Zins aber nahe Null, spricht viel dafür, dass Stiftungen sich von ihrer bisherigen Veranlagungspolitik und -praxis verabschieden müssen. Anleihelastig zu investiere, bzw. rein auf Anleihen zu setzen, wird den Liquiditätsstrom von Stiftungen ziemlich sicher versiegen lassen und ihren damit ihre Spielräume auf der Ausgabenseite weitestgehend nehmen. Sätze wie „Das warten wir erstmal ab“ oder „Der Zins wird schon wieder steigen“ dürfen entsprechend in den Stiftungsgremien nicht mehr fallen, weil diese eine völlig unangemessene – und damit nicht sachgerechte – Reaktion auf eine geänderte Gemengelage implizieren.
Stiftungsfondsgedanken,
der Podcast, Teil 1
WAS IST ZUM WOHLE DER STIFTUNG?
Folgen Stiftungsorgane der Business Judgement Rule, nach der sämtliche Entscheidungen zum Wohle der Stiftung getroffen werden, müssen sie konstatieren: Zum Wohle der Stiftung ist eine ausschließlich in Anleihen investierte Allokation nicht, und hierzu zählen auch mündelsichere Anlagen, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind – und entsprechend nicht mehr zum Wohle der Stiftung. Die Debatte in den Stiftungen muss sich also nicht darum drehen, ob und wann der Zins wieder steigt, sondern wie das Stiftungsvermögen, ganz gleich mit wie viel eine Stiftung dotiert ist, entwickelt werden kann, um auf Basis der neuen Parameter leistungsfähig zu sein.
Leistungsfähig ist ein Stiftungsvermögen dann, wenn es ordentliche Erträge liefern kann, wenn es sich resilient gegenüber externen Schocks zeigt und wenn eine Stiftung die Verwaltung ordentlich organisiert hat. Letzteres ist für viele Stiftungen hierzulande eine Herausforderung. Es wird viel zu sehr auf Mikroebene zu einzelnen Investments diskutiert als übergeordnet einen Rahmen für das Veranlagen des Stiftungsvermögens zu schaffen. Einen übergeordneten Rahmen, der zum übergeordneten Bild in der Welt bzw. den globalen Anlagemärkten passt. In dieser Welt verschieben sich die Schwerpunkte der Prosperität sukzessive, aber mittelfristig spürbar, worauf auch die Kapitalanlage einer Stiftung reagieren muss.
AKTIENQUOTE HOCH, ABER MIT DEN RICHTIGEN AKTIEN
Etwa, indem sie die Aktienquoten nach oben „fährt“, wobei das nun keine neue Nachricht ist. Wohl aber die Überlegung, vor allem auf Ansätze mit ESG-Fokus und Qualität zu setzen, und hierbei durchaus die künftig oligopolistische Wirtschaftsordnung als Maßgabe heranzuziehen. Heißt letztlich nicht anderes als das Stiftungen nicht nur europäische sondern auch amerikanische, indische und asiatische Aktien auswählen sollten, am ehesten vielleicht aus den Sphären ESG und Qualität. Warum es dabei eine Überlegung sein kann, nicht einfach Big Tech in den USA zu kaufen, zeigt eine Untersuchung der Bank of America. Demnach haben Aktien aus den USA alle anderen Regionen in den 2010er Jahren outperformed, genauso wie in den 90ern.
In den Emerging Markets spielt künftig die Musik
Im Umkehrschluss konnten Aktien aus Europa und den Emerging Markets weniger reüssieren. Ergo: Es kann sinnvoll sein, für die kommenden 10 Jahre Titel aus den Emerging Markets und Europa nicht außen vor zu lassen. Wobei eine Anmerkung erlaubt sein muss: Europäische Aktien haben in keinem der vergangenen Jahrzehnte richtig gut abgeschnitten, entsprechend kann es sinnvoll sein nach Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds zu suchen, die Aktienquoten eben nicht nur mit europäischen Aktien bestücken – so wie es viele klassische Stiftungsfonds bis heute tun. Die Debatte um die Aktie im Stiftungsvermögen ist dabei ein, die falsch geführt wird. Eine Ableitung, wonach sich die Aktienquote aus 100 minus Lebensalter errechnet, fruchtet bei Stiftungen ob ihres Ewigkeitsanspruchs nicht.
Stiftungsfondsgedanken,
der Podcast, Teil 2
DIE DEBATTE UM DIE RÜCKKEHR DER INFLATION ALS PARAMETER FÜRS STIFTUNGSVERMÖGEN
Eher leitet sich daraus ab, dass aufgrund der Errichtung einer Stiftung auf Ewigkeit eine eher höhere als niedrigere Aktienquote die richtige Entscheidung wäre. Die Debatte um die Aktienquote ist aber in Stiftungen auch eine entlang der Frage, ob Inflation zurückkommt oder nicht. Im Allgemeinen wird nicht davon ausgegangen, dass die Inflation „zurückkommt“, aber kann es nicht sein, dass die Inflation bereits da ist? Das alte Konzept des Geldmengenaggregats herangezogen, haben wir Inflation – mit dem Unterschied zu früher, dass ausreichend Gütern dieser aufgeblasenen Geldmenge gegenüberstehen. Was es zu wenig gibt, auch wenn das verrückt klingt, sind Aktien, so könnte man sagen, und deshalb steigen sie so stark, wie Unmengen Liquidität die Aktienmärkte fluten.
Das fällt zusammen mit anderen neuen Realitäten. Europa geht mit dem Brexit den Weg, nationalstaatliche Interessen über die Interessen des großen Ganzen zu stellen, während etwa Asien kurz vor Weihnachten 2020 eine neue asiatische Wirtschaftszone formte. Profis würden sagen, es heißt jetzt RISK ON für Asien, man muss demnach Asien jetzt also für eine längere Zeit in den Portfolios übergewichten. Andererseits zeigt eine Studie von KPMG auf, inwiefern ESG in die Veranlagung Eingang findet. Immer noch werden demnach nur 59% des weltweiten Abwassers gereinigt, leben knapp 1 Mrd. Menschen auf der Welt ohne Elektrizität und hat die Hälfte der Weltbevölkerung keinen Zugang zum Internet.
STIFTUNGSFONDS UND DIE STIFTUNGS-DNA
Das sind Themen, die müssen in Stiftungsfonds und stiftungsgeeigneten Fonds abgebildet werden, damit sie auch Ausdruck im Stiftungsvermögen finden. Denn Stiftungen hinterfragen sich zu Recht, welchen Ausdruck das Anlegen ihres Stiftungsvermögen haben soll, und dann reicht es eben nicht, n‘ bisschen Dax 30 und n‘ bisschen CAC 40 über einen Stiftungsfonds zu kaufen. Wir haben uns die zehn größten Stiftungsfonds einmal näher dahingehend angeschaut, wie hoch der Investmentanteil in den Emerging Markets ist, bzw. in den Entwicklungen, die die Welt etwas besser machen sollen – und woran Stiftungen ihrer DNA nach ein intrinsisches Interesse haben sollten. Das Ergebnis war relativ ernüchternd.
Stiftungsfondsgedanken,
der Podcast, Teil 3
EMERGING MARKETS KAUM IM BLICK
Im Deka Stiftungen Balance beispielsweise haben wir ausweislich des Halbjahresberichts per Ende August nur zwei Positionen auf der Anleiheseite gefunden, in granularer Dosis, die den Emerging Markets zuzuordnen sind, stattdessen dominieren die USA bzw. dort domizilierte Aktien bzw. von dortigen Emittenten ausgegebenen Anleihen. Im DWS Stiftungsfonds wiederum haben wir mit Samsung Electronics und Taiwan Semiconductor auf der Aktienseite und bei den Anleihen Emission etwa aus Mexiko, Indonesien, dem Senegal oder Kolumbien gefunden, im Ganzen mit kaum mehr als 5% gewichtet. Beim Bethmann Stiftungsfonds, ebenfalls mit mehr als 500 Mio. EUR Fondsvolumen einer der größten Stiftungsfonds in Deutschland, zeigt sich ein ähnliches Bild.
Weder auf der Aktien- noch auf der Anleiheseite sind Papiere aus den sich entwickelnden Märkten zu finden, obwohl das Wörtchen „International“ bei der Fondskategorisierung derlei durchaus hergäbe. Was sich dem Fondsmanagement zu Gute halten lässt ist, dass Emerging Markets ESG-seitig noch nicht so zu greifen sind wie etablierte Märkte, entsprechend werden letztere investiert und die Emerging Markets eben nicht. Und auf der Aktienseite sind einige Unternehmen enthalten, die zu den Next Generation Large Caps gezählt werden können und die zur Lösung vieler drängender Probleme einen Beitrag leisten können.
IST KLASSISCH NOCH ZEITGEMÄSS?
Beim MEAG Fair Return, ein Fonds den viele Stiftungen ob seiner guten Leistungen nach wie vor im Depot haben, ein ähnliches Bild: Aktien aus den Emerging Markets 0%, auf der Anleiheseite kleine Positionen etwa in Papieren aus Polen, Tschechien und Kasachstan. Insgesamt ist der Anteil der Regionen, in denen künftig die Musik spielen dürfte, in vielen klassischen Stiftungsfonds eher unterproportional ausgeprägt. Das ist zwar verständlich, ändert aber bei dem einen oder anderen Stiftungsfonds den künftigen Einsatzbereich. Denn diese Fonds kommen im aktuellen Umfeld konzeptbedingt schlichtweg an ihre Grenzen.
Was macht einen Fonds zum Stiftungsfonds bzw. stiftungsgeeigneten Fonds
NEUE TYPEN STIFTUNGSGEEIGNETER FONDS
Ein Stiftungsfonds, der mehr als 70% in niedrigverzinslichen Anleihen etwa der Bundesrepublik Deutschland, der deutschen Bundesländer oder von internationalen, bonitätsstarken Unternehmen hält, dazu Aktien klassischerweise aus dem Large Cap-Regal dazu packt, kann künftig vermutlich nur mehr Ausschüttungen von um die 1% p.a. zeigen. Mehr geht in diesen Fonds schlichtweg nicht mehr. Damit taugt dieser Stiftungsfonds nicht mehr als Basisbaustein, sondern als Cashbaustein. Das wiederum bringt neue Fondstypen ins Spiel, die konzeptionell von daher stiftungsgeeignet sind, weil sie um den Einkommenskomplex herum „gestrickt“ wurden.
Die Rede ist von Income-Fonds, die global allokiert werden und verschiedenartige, ausschüttungsstarke Anlagen in Einklang bringen. Hinzu kommen noch Aktien-, Immobilien- und Mikrofinanzbausteine, und vielleicht auch noch Fonds für Investments in Infrastruktur, die einer Stiftung in Kombination die Aufgabe lösen, ein auskömmliches Ertragsniveau zu erwirtschaften. Konnte das früher ein Stiftungsfonds allein leisten, kann dies heute und morgen nur ein Portfolio aus verschiedenen stiftungsgeeigneten Fonds leisten, zu denen auch Stiftungsfonds gehören.
STIFTUNGSVERMÖGEN BRAUCHT SACHGERECHTE ENTSCHEIDUNGEN
Für den Zusammenbau eines solchen Fondsportfolios haben wir uns einige Stiftungsstrategien aus den USA analysiert. Was wir herausdestillieren konnten, sind Anregungen für Stiftungen, ihr Stiftungsvermögen cum Corona, cum Niedrigzins und auch cum New Green Deal umzubauen bzw. aufzustellen und dabei sachgerecht zu entscheiden. Denn Hinweise, wie Stiftungen es gerade jetzt richtig machen, gibt es zuhauf, nur müssen die StiftungsentscheiderInnen ja immer selbst entscheiden – und zwar sachgerecht und pflichtgemäß. In drei Schritten könnten sie nun dabei vorgehen, ihr Stiftungsvermögen zeitgemäß zu organisieren.
In drei Schritten eine neue Asset Allocation für das Stiftungsvermögen
Zunächst einmal gilt es in die Anlagerichtlinie – diese sollte in jedem Fall vorhanden sein, als Baustein des Haftungsmanagements – ein Rahmenwerk für Langzeitparameter zur Verwaltung des Stiftungsvermögens zu erstellen. Zu diesem Rahmenwerk gehört als Kern das Ziel für den ordentlichen Ertrag, der pro Jahr erzielt werden soll. Dieses Ziel leitet sich aus dem Kapitalbedarf einer Stiftung ab und gibt gleichzeitig die übergeordnete Richtung für die Anlagepolitik vor. Es ist komischerweise für amerikanische Stiftungen kein Ansatz, auf ein schwieriges Kapitalanlageumfeld mit dem Eindampfen der Ausgabenspielräume zu reagieren, zuerst wird am Anlagekonzept geschraubt.
VOM SUCHEN UND FINDEN DER PASSENDEN ASSET ALLOCATION
Diese Sichtweise würden Stiftungen hierzulande auch einnehmen, stellten sie den ordentlichen Ertrag voran, der im Übrigens ja auch das vor dem Kapitalerhalt vorrangige Ziel der Verwaltung des Stiftungsvermögens ist. Hierauf die Anlagepolitik abzustellen, ist also Schritt Nummer eins auf dem Weg zu einer neuen, oder besser: zeitgemäßeren Asset Allocation. Schritt Nummer zwei ist das Definieren von Anlagekategorien. Damit sind nicht Aktien und nicht Renten gemeint, sondern beispielsweise die Kategorie Einkommen (=Income), die Kategorie Wachstum, die Kategorie Diversifikation, die Kategorie Fundament und die Kategorie Cash.
KATEGORIEN STATT STARRE QUOTEN
In der Kategorie Einkommen geht es dann darum, möglichst hohe ordentliche Erträge zu vereinnahmen, und hier werden dann Income-Fonds bzw. Fondsbausteine, die auf das Erzielen hoher ordentlicher Erträge ausgerichtet sind, berücksichtigt. In der Kategorie Wachstum könnten es ausgehend von den Prämissen für die kommenden Jahre nachhaltige Aktienfonds sein, die nach strengen ESG- bzw. SRI-Kriterien Aktien auswählen und damit auf eine gute Entwicklung der besonders verantwortungsbewussten Unternehmen abzielen. Diese Kategorie lässt sich im Übrigen durchaus auch mit ETFs abbilden.
INCOME-FONDS, DIE BRAUCHT‘S
Die Kategorie Diversifikation wird dann wiederum beispielsweise mit Immobilien- oder Mikrofinanzfonds mit Leben gefüllt, und für den guten alten Stiftungsfonds bleibt in dieser Betrachtung häufig nur mehr die Kategorie Cashersatz, woraus sich aus Stiftungssicht ableitet, dass im Stiftungsdepot vielleicht noch 2 Stiftungsfonds Platz finden, aber kaum mehr deren fünf. Wichtig bei alldem ist, dass eine Stiftung den einzelnen Kategorien Gewichtungen zuschreibt, und dazu auch eine Bandbreite. Wird also für die Kategorie Income ein Gewicht von 20% im Mittel vorgesehen, dann kann dieses im Korridor zwischen 10 und 30% schwanken.
Themen, die bis 2030 auch im Stiftungsvermögen „stattfinden“ müssen
Solche Korridore helfen bei der Steuerung des Portfolios, und auch dabei, das Portfolio nicht zu starr aufzusetzen. Es ist ja gerade die Schwäche vieler Stiftungsfonds und damit auch vieler Stiftungsportfolien, dass sie zu stark auf 70zu30 oder 80zu20 setzen, und dann Bewegungen wie im März 2020 nicht proaktiv nutzen können. Eine starre Allokation hat auch einen weiteren Nachteil und bringt uns zu Schritt Nummer 3: dem Kreieren von Kriterien, über die das Stiftungsportfolio kontrolliert und überwacht werden kann. Eine starre Allokation kann unter anderem auch nicht entlang der genannten Kategorien entwickelt werden, sondern fußt häufig auf einer Aufteilung zwischen Aktien und Renten.
KONTROLLE DES PORTFOLIOS ALS IMPULSGEBER
Schritt Nummer drei ist für Stiftungen eine Anregung, selbst Portfolioanstöße zu geben. Fällt den Stiftungsverantwortlichen beispielsweise auf, dass im Zuge des Corona-Crashs im März 2020 alle Fonds gleichermaßen gefallen sind, und sich dann schwer mit dem Aufholen der entstandenen Verluste taten, kann es sinnvoll sein, wenig bis gar nicht korrelierte Fondsbausteine einzubauen. Eine starre Allokation ist hier dann nur ein Bremsklotz, bzw. passt die richtige Überlegung hinsichtlich eines nicht korrelierten Fondsbausteins einfach nicht ins Konzept. Gleiches gilt etwa für Bewertungsdiskrepanzen.
Es gibt Aktien, die hinken ihrer langjährigen Bewertungsniveau hinterher, schütten erklecklich aus, in solch einem Fall soll vielleicht ein entsprechender Fonds gekauft werden. Ist die Allokation zu starr, kann eine derartige Opportunität vielleicht nicht ausreichend genutzt werden – was langfristig zum Schaden des Stiftungsvermögens ist, da dem Stiftungsvermögen damit Handlungsspielräume genommen werden. Zu vermeiden wäre derlei, würden Indikatoren für die Kontrolle des Stiftungsportfolios definiert und dann auch konsequent angewendet. Aber hierfür braucht es dann eben auch die entsprechenden Freiheitsgrade, siehe dazu Schritt Nummer 2.
ZUSAMMENGEFASST
Wir haben es im Editorial zur diesjährigen FondsFibel für Stiftungen & NPOs vielleicht etwas flapsig geschrieben, dass Stiftungen ihre eigene Linie in der Verwaltung ihre Stiftungsvermögens finden sollten, eben die Girardelli-Linie. Angesichts des inzwischen aber sehr komplexen Umfelds an den Kapitalmärkten ist es für Stiftungen jedoch unerlässlich, ihre ganz individuelle Linie zu finden. Früher konnte es schneien, die Ideallinie zerfahren sein, die Piste brechen oder aber Nebel über die Piste ziehen, echte Könner wie Marc Girardelli wussten genau, was sie machten, auch inmitten dieser nicht immer einfachen äußeren Umstände.
Sie kannten ihr Ziel und wählten die den Umständen entsprechend richtigen Mittel, sie fuhren „ihre“ Linie. Stiftungen finden „ihre“ Linie inmitten von Niedrigzins, Corona und Green Deal, wenn sie ihr Ziel für den ordentlichen Ertrag kennen, danach die Einsatzbereiche einzelner Anlagen definieren und dazu die entsprechenden Fonds suchen. Kontrolle entlang ausgesuchter Parameter rund die Vorgehensweise ab. Diese eigene Linie, diese stiftungsindividuelle Linie in der Verwaltung des Stiftungsvermögen, ist sicherlich keine vom Schlage Schema F, aber sie führt in die Zukunft und macht eine Stiftung in dieser handlungsfähig. Auch Marc Girardelli erntete für seine Linie bisweilen Kopfschütteln von Kommentatoren und Weggefährten – es hat ihn letztlich nur noch erfolgreicher gemacht.