
Investieren wie Swensen
Die Mechanik des Endowment Modells
Wie deutsche Stiftungen das Erfolgs-Anlagerezept
von US-Hochschulstiftungen adaptieren

„Pioneering Portfolio Management“ von David F. Swensen gehört unbestritten zu der Kategorie Lektüre, die Kapitalanlageverantwortliche einmal jährlich studieren sollten. Mit seiner gleichermaßen unkonventionellen wie erfolgreichen Strategie des Investierens prägte Swensen den Begriff des „Endowment Model“ und schuf damit eine Art Nordstern für diejenigen, die Orientierung im Investment Universum suchten. Der vorliegende Beitrag widmet sich den Kernprinzipien des Endowment Model und soll Stiftungen helfen, möglichst nah an das Erfolgs-Anlagerezept von US-Hochschulstiftungen heranzukommen. Warum ist dies nötig? Weil das Endowment Model nachweislich attraktive, risikoadjustierte Renditen produziert und die Schwankung in der Förderfähigkeit reduziert.
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Swensen war über viele Jahre hinweg verantwortlich für das Stiftungsvermögen der US-Eliteuniversität Yale und produzierte eine bemerkenswert konsistente überdurchschnittliche Rendite, die den operativen Betrieb der Universität förderte. Nun sind deutsche Stiftungen mit US-Hochschulstiftungen nicht unmittelbar vergleichbar. Was sie allerdings eint, ist ein ewiger Anlagehorizont, die Steuerbefreiung sowie das Fehlen eines aufsichtlichen Korsetts, wie es regulierte Anleger tragen müssen. Doch viele Stiftungen bleiben unter ihren Möglichkeiten und bewirtschaften ineffiziente Portfolios zu oft hohen Gebühren.
Kenne Dein Investmentziel als Regel Nummer 1
Stiftungen dienen dem Stiftungszweck und verfolgen im Wesentlichen zwei Ziele mit der Kapitalanlage: (1.) Kaufkrafterhalt und (2.) Planbare Erträge für eine konstante Fördertätigkeit. Spenden und Zustiftungen unterliegen einer zu hohen Unsicherheit, und so erhöht sich einerseits die Bedeutsamkeit der Erträge des Investmentportfolios und andererseits die Notwendigkeit eines Portfolios mit eher moderatem Risikoprofil. Daher investieren Stiftungen in der Regel überwiegend in Aktien und Anleihen. Was zunächst nachvollziehbar ist, erweist sich bei näherer Betrachtung allerdings als wenig effizient im Sinne der Portfoliotheorie.
Denn das vorgenannte Ziel des Kaufkrafterhalts wird mit Aktien allenfalls in gewissem Maße erreicht. Bei Anleihen handelt es sich hingegen grundsätzlich um Nominalwerte, die der Inflation schutzlos ausgeliefert sind. Hinzu kommt, dass in einem Umfeld erhöhter Inflation die Korrelation von Aktien und Anleihen steigt. Der Diversifikationseffekt, den Anleger und auch Portfoliomanager von sog. Stiftungsfonds oft heranziehen, wird überschätzt, mit der Konsequenz, dass es sich oftmals nicht um ein Portfolio mit geringem Risiko handelt.
LeseTipp:
Lesen Sie die #fondsfibel-Würdigung des Lebenswerks von David Swensen, oder wie wir ihn nennen – den 35 Milliarden-Dollar-Mann.
Leite Dein Anlageuniversum ab
Zur Erreichung der Investmentziele bedarf es einer gewissenhaften Ableitung relevanter Anlageklassen. Um den Kaufkrafterhalt des Stiftungsvermögens zu gewährleisten, sollte das Portfolio Vermögenswerte beinhalten, die ebenfalls einen Inflationslink aufweisen. Diversifikation gilt im Kapitalmarkt-Universum als einziger „free lunch“. Dass das Gewicht einzelner Anlageklassen nicht zu groß sein darf, erschließt sich vor dem Hintergrund, Konzentrationsrisiken zu vermeiden, sofort. Anleger sollten aber gleichfalls darauf achten, nicht zu breit zu diversifizieren. Eine einzelne Anlageklasse sollte stets mehr als 5 Prozent, aber weniger als 30 Prozent des Portfolios ausmachen.
Stiftungen und die Qual der Wahl bei den Anlageklassen
Anleger stehen bei der Bestimmung des Sets an relevanten Anlageklassen vor vielen Fragen: Eigen- vs. Fremdkapital, inländische vs. ausländische Titel, Inflations- vs. Deflationssensitivität, Privatmärkte vs. Börsen, Liquide vs. Illiquide Vermögensgegenstände. Typische Anlageklassen im Rahmen des Endowment Model sind Aktien, Anleihen, Absolute Return, Real Assets (z.B. Immobilien und Infrastruktur) sowie Private Equity. Nun kommt es aber auf Details an. Anleihen werden von Stiftungen oft als Instrument eingesetzt, um das Portfoliorisiko zu reduzieren und um in einer Korrekturphase das Verlustpotenzial zu begrenzen. In der Regel halten Stiftungen aber zu wenig Anleihen, die diese Charakteristika aufweisen. Sofern Anleihen aus dem vorgenannten Grund gehalten werden, sollten sie von hoher Qualität sein, eine mittlere Restlaufzeit aufweisen sowie nicht-kündbar sein. Andernfalls reduzieren sie das Portfoliorisiko unzureichend. Eine interessante Diskussion ist zudem das mit ausländischen Investments einhergehende Währungsrisiko. Jeder Anleger sollte das Ausmaß des Währungsrisikos des Portfolios kennen und es formal begrenzen. In der Regel limitieren Anleger das Währungsrisiko auf max. 20-25 Prozent. Im Endowment Model wird ein traditionelles Portfolio um Anlageklassen ergänzt, die Eigenschaften aufweisen, die sie von anderen Anlageklassen unterscheiden und in verschiedenen Marktphasen unterschiedlich zu den Bestandsinvestments reagieren. Hedge Funds, Real Assets und Private Equity nehmen dabei einen prominenten Stellenwert ein.
Die Asset Allokation einer Stiftung als Nukleus des Anlageerfolgs
Der Anlageerfolg ist im Wesentlichen auf drei Aspekte zu verdichten: (a) Strategische Asset Allokation, (b) Timing und (c) Titelselektion. Um den Umfang dieses Beitrags nicht ausufern zu lassen, erfolgt an dieser Stelle keine Würdigung verschiedener Methoden, mit denen Anleger ihre Strategische Asset Allokation ableiten. Es sei lediglich empfohlen, dass Anleger sich mit den Grenzen der angewandten Modelle kritisch auseinandersetzen. Stiftungen tun zudem gut daran, sich bei der Ableitung eines effizienten Portfolios mit methodischer Kompetenz unterstützen zu lassen. Wenn nun die strategische Zielallokation gefunden wurde, gibt es zwei Gründe, weshalb sich ein Portfolio hiervon wegentwickelt. Entweder driftet es im Zuge der Marktentwicklung im Zeitverlauf oder Anleger nutzen das Instrument der Taktischen Asset Allokation, um temporäre Investmentchancen wahrzunehmen. Es sei an dieser Stelle festzuhalten, dass es herausfordernd ist, „den Kapitalmarkt“ zu timen und, dass jeder Drift, ob aktiv herbeigeführt oder passiv geduldet, eine Veränderung der Portfoliocharakteristik (Risiko-Rendite-Verhältnis) bewirkt. Das Endowment Model beinhaltet daher die Empfehlung, eine geeignete Rebalancing Methodik anzuwenden, damit das Portfolio die ursprüngliche Charakteristik nicht verliert.
Neuste NACUBO-Umfrage erzählt wieder die Geschichte der Private Markets
Der Nukleus des Endowment Model sind Investments in Private Equity und Real Assets. Anleger, die ihr Set um diese Anlageklassen ergänzen, schaffen es nicht nur, sich auf der Effizienzlinie zu bewegen, sondern sie bewegen die gesamte Effizienzlinie selbst und ermöglichen eine deutliche Verbesserung der Portfoliocharakteristik. Das Risiko des Portfolios wird regelmäßig durch die Beimischung von Private-Markets-Anlagen nicht erhöht. Gemäß der NACUBO-Commonfund Study of Endowments 2024 beträgt die durchschnittliche Allokation in Private Markets für US-Stiftungen mit einem Anlagevolumen von >1 Mrd. USD beeindruckende 36 Prozent. Davon sind Stiftungen hierzulande noch weit entfernt.
Über das richtig Implementieren
Eine Besonderheit von Privatmarktanlagen ist die sog. Renditedispersion, d.h. der Unterschied in der Höhe der Renditen vergleichbarer Investitionsprogramme. Ein „durchschnittlich guter“ Manager generiert in der Regel nicht die Renditen, die für die Übernahme der spezifischen Risiken (z.B. Illiquidität, Komplexität) kompensieren. Damit die gewünschten Renditen realisiert werden, bedarf es eines professionellen Manager Selektionsprozesses sowie des Zugangs zu Top-Managern und ihren Strategien. Der langfristige Beziehungsaufbau zu Top-Managern ist regelmäßig Schlüssel zum Erfolg . Das Endowment Model zeichnet sich allerdings auch dadurch aus, dass eher unbekannte Manager genutzt werden, bei denen i.S.d. Stiftung attraktive Gebührenmodelle verhandelt werden. Nun haben die allermeisten Stiftungen nicht die inhouse Kapazität einer Yale Stiftung oder die jahrzehntelang gewachsenen Beziehungen zu Top-Managern. Daher können Stiftungen in der Regel das Endowment Model nicht 1:1 anwenden, sondern tun gut daran, sich das Ziel zu setzen, die Governance möglichst nah hieran auszurichten. Investments in Private Markets sind für Stiftungen darstellbar, indem sie sich Intermediären wie Investment Consultants oder Dachfondsmanagern bedienen.
Zusammengefasst
Das Endowment Model ist kein abstraktes Modell, sondern ein in der echten Welt langfristig erprobtes Governance-Setup. Es befähigt Stiftungen, die beiden primären Ziele des realen Kapitalerhalts und der geringen Schwankung in der Fördertätigkeit zu erreichen, indem substanzielle Investitionen in Privatmarktanlagen getätigt werden. Dies bewirkt eine signifikante Effizienzverbesserung des Portfolios und seiner Charakteristik. Damit die damit einhergehenden Risiken hinreichend vergütet werden, ist es allerdings notwendig, in die Programme sog. Top-Manager zu investieren. Die Illiquidität von Privatmarktanlagen ist für Anleger mit einem ewigen Anlagehorizont nicht nur tragbar, sondern auch notwendig, da sie in der Regel heute für eine zu hohe Liquiditätsvorhaltung mit einem Renditeverzicht bezahlen. Zum Endowment Model gehört aber nicht nur die Kapitalanlage, sondern auch ein ökonomisch nachhaltiges Rahmenwerk für die Fördertätigkeit, dass sich einerseits am Marktwert des Stiftungsvermögens orientiert und andererseits die Höhe der jüngeren Fördertätigkeit berücksichtigt. Die deutsche Stiftungslandschaft hat enormes Potenzial, das es nun zu heben gilt.
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