
Investieren wie Swensen
Der 35 Milliarden-Dollar-Mann
Warum David Swensen als Manager des Yale-Stiftungsvermögens
so einflussreich war, und noch ist
Tobias Karow, t.karow@stiftungsmarktplatz.eu, 10min40

David Swensen ist eine Legende. Der einstige Manager des Yale-Stiftungsvermögen ist dies aber nicht nur, weil er während seiner Amtszeit aus 1 Mrd. US-Dollar gut 35 Mrd. US-Dollar Stiftungsvermögen gemacht hat, sondern weil er so viel mehr war als ein „schnöder“ Vermögensmanager. Er war Mentor, er war Lehrer, er war Gastgeber von legendären Bierverkostungen, und er war etwas, was man heute viel zu oft vermisst: demütig. Unser Blick auf das Lebenswerk des David Swensen.
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Als David Swensen im Jahr 1985 das Management des Yale Stiftungsvermögens übernahm, hatte er sich ein paar Sporen bereits verdient, machte an Wall Street einige Stationen bei Investmentbanken. Jedoch kehrte er Wall Street den Rücken, nachdem er dort das erste Swap-Geschäft für den damaligen Computerriesen IBM eingefädelt hatte. Ab 1981 lehrte er Investment-Analyse an „seiner“ Yale-Universität und war bei seinen Studenten äußerst beliebt. Selbst studierte er einst bei James Tobin, dem „Vater“ des Konzepts der Tobin-Tax. Tobin lehrte aber auch das diversifizierte Investieren, bereits in den 60er Jahren begann er gemeinsam mit Kollegen, das Investieren eines Portfolios unter wechselnden Rahmenparametern konsistent zu modellieren.
Tobin inspirierte Swensen zum konsistenten Investieren
Die Frage war, wie ein Portfolio konsistent performant bleibt angesichts wechselnder realwirtschaftlicher Variablen und sich ändernden Zinsniveaus. Diese Schule hat David Swensen definitiv gleichermaßen beeinflusst wie beeindruckt. Aber bei ihm dauerte es schließlich bis ins Jahr 1985. Ab diesem Jahr, in dem auch der Film „Zurück in die Zukunft“ in die Kinos kam, verantwortete er die Geschicke des Yale Stiftungsvermögens – und erfand letztlich die institutionelle Kapitalanlage in gewisser Weise völlig neu. Gleichwohl schmiss er nicht alles über den Haufen, sondern fühlte sich an den legendären Football-Coach Vince Lombardi (Football-Fans werden sofort an die Vince Lombardi-Trophy für den Super Bowl Champion denken) erinnert. Dieser sagte es im Laufe seiner Karriere einmal so: „Du wirst daran gemessen wer du bist anhand dessen was du aus dem machst, was Du hast.“ David Swensen mochte diesen Satz, und noch mehr die Head Coach-Denke dahinter, aber dazu später mehr.
Stiftungen haben die Zeit als Freund
Zuvorderst machte er sich ab 1985 aber erst einmal gewahr, was die eigentliche Mission von Yale, von der Yale University, ist. Denn diese wurde fortan zur zentralen Maßgabe für das Management des Yale Stiftungsvermögens. Eine Stiftung, die ihre Ziele genau kennt, kann dann auch gezielt daran gehen, dies umzusetzen. Neben den Zielen brachte er bestimmte Investment-Prinzipien mit, die er implementierte, die er lebte und vermittelte. Ein Prinzip war und ist, dass die Zeit Dein Freund ist, dass die Zeit kostenfrei als Investment-Parameter zur Verfügung steht. Insbesondere für Stiftungen ist dieser Parameter extrem wertvoll, und das wusste Swensen direkt, als er 1985 seinen Posten antrat. Die Zeit ist aber insbesondere Dein Freund im Investment in Menschen, die Deine Philosophie zu ihrer eigenen machen.
David Swensen und die Idee des Head Coaches
Genau hier greift das Bild des Head Coaches. Dieser trainiert ein Team Co-Trainern, dieser gibt Strukturen vor, dieser gibt eine Spielidee vor, dieser schafft ein System, das ihn überdauert. In den USA sind die Trainer vieler Football und Baseball-Teams Legenden, weil sie aus dem, was sie vorfanden, eine Dynastie im sportlichen Sinne schufen, die prägend sein sollte für viele der nachfolgenden Generationen. David Swensen rekrutierte entsprechend Studenten aus dem Yale-Kosmos heraus für alle Aufgaben das Vermögensmanagement betreffend, er fungierte als Mentor und Lehrer. Bereits in den 90er Jahren zeigte sich, wie erfolgreich dieser Ansatz sein sollte. Viele seiner Protegés fingen an, die Stiftungsvermögen anderer großer Universitäten zu managen, und wurden selber zu maßgebenden Figuren, zu Managern von Stiftungsvermögen, auf die man hörte.

Bier-Tastings mit Swensen gehörten dazu
David Swensen bewahrte sich bei allem Anlageerfolg aber diese Demut, diese Umsicht, diese Bodenständigkeit, für die er von seinen Studenten regelrecht verehrt wurde. Seine Wein- und Biertastings sind legendär, David Swensen war eine Vertrauensperson vieler seiner Studenten, er gab das Vertrauen zurück und teilte mit ihnen sein Knowhow. Dies beinhaltete unter anderem auch, dass Privat-Markt-Anlagen ob ihres Charakters als nicht jeden Tag fungibles Investment eine Chance für Langfristanleger wie Stiftungen seien. Man müsse sich hier auskennen, man müsse akzeptieren, dass man in nicht perfekten Märkten unterwegs sei, und man müsse viel Arbeit reinstecken, um den besten Manager für dieses oder jenes Private Market Investment zu finden. Es wird gesagt, dass bei Swensen nur 50% des Anlageerfolgs aus der Asset Allocation resultieren, ein Großteil seiner Outperformance auch aus der Manager-Auswahl, also der ‚asset manager selection‘ herrührt. In der Rückschau lässt sich sagen: Beide ist richtig.
Die sechs ‚Swensen Rules‘
- Die Asset Allocation ist ein Portfolio-kritisches Konzept. Diversifikation meint nicht nur, breit zu diversifizieren, auch in gering miteinander korrelierte Anlageklassen, sondern auch das Rebalancing und der sensible Umgang mit potentiellen Risiken.
- Aktien generieren umso höhere Erträge, umso länger der Anlagehorizont gewählt wird. Vermeide dazu strukturell niedrig rentierliche Investments. Zeit ist ein extrem wertvolles Asset, Zeit ist als Investment-Parameter gratis.
- Teile Dein Stiftungsvermögen in fünf oder sechs Teile und investiere in etwa zu gleichen Teilen in jedes dieser Segmente. David Swensen favorisierte dieses Bucket-Investing.
- Breit diversifizierte Portfolien bedürfen Investments in Private Markets, also in Anlagen, die als weniger effizient und schwieriger investierbar gelten im Vergleich zu Aktien und Anleihen.
- Analysiere Dein Investment nicht nur vor dem Investment, sondern auch nachdem es zum Investment wurde. Es gilt insbesondere nach dem Investieren des Kapitals in eine Position viel zu analysieren zum Investment, hier müssen Manager von Stiftungsvermögen viel Energie reinstecken. Heißt: Die Arbeit rund um eine Anlage fängt mit dem Investment erst richtig an.
- Sei diszipliniert. David Swensen hielt viel davon, eine entwickelte Anlagestrategie diszipliniert durchzusetzen. Für ihn hieß Anlagestrategie, alle Opportunitäten und Eventualitäten abgewogen zu haben und zu einer sachgerechten Entscheidung gekommen zu sein. Diese gilt es, durchzuhalten.
The name of the game is asset manager selection
Asset Allocation, also das breite Streuen des Stiftungsvermögens über klassische Anlageklassen wie Aktien du Anleihen hinweg, hinein in Privatmarkt-Anlagen, das war der Kern seiner Strategie, hier war er für das Management von Stiftungsvermögen Pionier. Er steckte aber viel mehr Energie in das Suchen und Finden passender Asset Manager für Ideen, die in der Asset Allokation umgesetzt werden sollen. Der Prozess hinter der Manager-Auswahl war rigoros, dafür brauchte er genau seine studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn Asset Allocation als Erfolgsformel gilt, dann ist die Asset Manager-Selection der Erfolgsgarant, und genau daran scheiterten schon viele Stiftungen, die das Yale-Model zu ihrem Investment-Modell machen wollten. Weshalb es sinnvoll sein kann, abzuschichten und eben nicht exakt wie Swensen investieren zu wollen, sondern entsprechend der eigenen Stiftungsziele Swensen-nah. Die Swensen-Leitplanken „Haltung und Prinzipen“ sollten es sein.
Auswahl der Asset Manager als besondere Fleißaufgabe
Bei der Auswahl der Asset Manager achtete Swensen mit seinem Team natürlich auf Performance, aber noch mehr auf Kosten, und noch mehr auf die Haltung der Manager zu ihrem Tun. Swensen wollte spüren, dass der Asser Manager nicht nur Geld verdienen möchte, sondern dass er einen Beitrag leisten möchte, dass Yale seine Ziele erreicht. Es mag ein winziger Unterschied in der Betrachtungsweise eines Asset Managers sein, für Swensen bedeutete er die Welt. Nicht umsonst, weil er eben so Prinzipien-geleistet war, gilt er womöglich als der erste Investment Influencer für die Institutionelle Kapitalanlage, auf jeden Fall war er das rund um das Management von Stiftungsvermögen. Für David Swensen war auch klar, dass Asset Allokation sich im Zeitablauf verändert, dass sie ein fluides Konzept ist. So war er 2018 einer der ersten Manager von Stiftungsvermögen, die in einen Fonds für Kryptowährungen investierte. Geh mit der Zeit sonst gehst du mit der Zeit, dieses demütige Herangehen fand sich vielerorts in David Swensen‘s Arbeit.
Die Asset Allocation des Yale Stiftungsvermögen im Zeitablauf

Quelle: Yale Investment Office
Der erste Influencer rund um Stiftungsvermögen
Zu dieser gehörte es auch, sich ein Stück weit mit seinen Zöglingen zu messen. Kapitalanlage ist schon ein Spiel der Zahlen, das wusste er, und das lebte er. Es gibt da diese Geschichte von Paula Volent, die das Stiftungsvermögen des Bowdoin Colleges sehr erfolgreich managte. Sie war eine Swensen-Schülerin, übertraf in den 2010er Jahren dessen Anlageergebnisse. Swensen honorierte dies und schrieb ihr einen Brief, in dem er Leonardo da Vinci zitierte: „Derjenige Schüler ist der Ärmste, der seinen Lehrer nicht überflügelt.“ Genau diese Haltung gehört zu seinem Vermächtnis. Seine Kurse zur Investment-Analyse, die er über 35 Jahre gab, transportierten genau das und gaben damit zwei Generationen von Stiftungsmanagern eine DNA mit auf den Weg, quasi die Swensen-DNA. Nimmt man genau, dann war er der erste Influencer rund um das Management von Stiftungsvermögen. Sein Tun beeinflusst Stiftungsmanager weltweit bis heute, sein Erfolg katapultierte viele Stiftungen in die Benchmark-Liga der institutionellen Kapitalanlage. Heute schauen Investoren weltweit, wie Stiftungen, speziell die Endowments, ihre Gelder arbeiten lassen, messen sich mit ihren Anlageergebnissen. Derlei war (vermutlich) nicht das Ziel als David Swensen seinen Dienst aufnahm, aber es war das Ergebnis seines Tuns.
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Mehr InformationenZusammengefasst
Vermächtnis ist ein großes Wort. Das Vermächtnis David Swensens ist es nicht, dass er aus 1 Mrd. USD Stiftungsvermögen der Yale-Universität während seiner von 1985 bis 2021 währenden Amtszeit gut 35 Mrd. USD gemacht hat. Das ist eine herausragende Leistung, keine Frage, sein Vermächtnis aber ist, dass er das Management von Stiftungsvermögen nicht nur auf eine neue Stufe gestellt, sondern es im Kern völlig neu erfunden hat. Zudem hat er die Swensen-DNA wie ein Headcoach an so viele Studenten (sein „Team“) weitergegeben, dass heute sehr viele Stiftungsvermögen von anderen Universitäten von diesen erfolgreich investiert werden. Nicht zuletzt hat er Prinzipien entwickelt, für die institutionelle Kapitalanlage, die zeitlos gültig zu sein scheinen und das Management von Stiftungsvermögen stets auf der Höhe der Zeit ermöglichen. Was er sich stets bewahrte, ist Haltung und Demut, das Swensen-Dreieck aus Prinzipien-Haltung-Demut ist vielleicht das beste Raster, da Stiftungsverantwortlichen je mit auf den Weg gegeben wurde. David Swensen ist eine Legende des Investierens, er zeigte, dass Stiftungsvermögen mehr kann als verwaltet zu werden. David Swensen schied bedauerlicherweise 2021 viel zu früh mit 67 Jahren aus dem Leben, sein Vermächtnis verblasst seitdem jedoch nicht. Im Gegenteil.
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